Nach der mit Spannung erwarteten Sitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) sind die Kurse am deutschen Aktienmarkt unter Druck geraten. Der Dax fiel um 0,83 Prozent auf 15.484 Punkte und markierte ein Tagestief.
Die Währungshüter der Eurozone behalten trotz weiter hoher Teuerungsraten ihren ultralockeren geldpolitischen Kurs vorerst bei. Bei der ersten geldpolitischen Sitzung im neuen Jahr bestätigte der Rat der EZB den Leitzins im Euroraum auf seinem Rekordtief von null Prozent. Auch an den milliardenschweren Anleihenkäufen hält die Notenbank fest.
Das Festhalten der Euro-Notenbank an den Anleihenkäufen zeige, wie unwahrscheinlich eine Zinserhöhung im laufenden Jahr sei, merkte Fondsmanager Thomas Altmann von QC Partners an. «Denn die Reihenfolge bleibt fest zementiert: Die Zinsen steigen erst nach dem Ende des Kaufprogrammes». Börsenexperte Andreas Lipkow von Comdirect konstatierte: «Die EZB hat alles beim Alten gelassen und sich nicht wirklich auf die aktuelle Inflationsentwicklung eingelassen. Das lässt die Marktteilnehmer an den Aktienmärkten sprachlos zurück».
Die EZB war zuletzt zunehmend unter Druck geraten, auf die hohe Inflation zu reagieren. Entgegen vieler Erwartungen hat sich die Teuerung im Währungsraum im Januar nicht abgeschwächt, sondern noch beschleunigt.
Der MDax der mittelgroßen Titel gab am Nachmittag um ein Prozent auf 33.693 Zähler nach. Der EuroStoxx 50 als Leitindex für die Eurozone verlor ebenfalls rund ein Prozent.
Einen Dämpfer gab es zudem vom Facebook-Konzern Meta. Mit den Quartalszahlen und Geschäftsprognosen enttäuschte dieser die Anleger schwer, die Aktie brach zeitweise um mehr als ein Fünftel ein. Hierzulande gerieten Aktien von Unternehmen, deren Geschäfte auf dem Internet basieren, unter Druck: Die Verluste bei Zalando, Delivery Hero, Hellofresh, Auto1 und Shop Apotheke reichten von 2,8 bis zu 4,6 Prozent.
Daneben richtet sich der Blick auf die Quartalsberichte der Unternehmen. Die Zahlen der beiden Dax-Werte Infineon und Siemens Healthineers wurden unterschiedlich aufgenommen. Infineon-Aktien fielen am Dax-Ende um vier Prozent. Analyst Sandeep Deshpande von JPMorgan merkte an, im Verlauf des Jahres dürfte sich das 2021 noch knappe Chip-Angebot erhöhen. «Das bedeutet, Aufträge werden gekürzt». Damit sollten sich wiederum auch die zuletzt hohen Preise zunehmend normalisieren.
Siemens Healthineers drehten nach anfänglichen Kursgewinnen ins Minus. Der Hersteller medizintechnischer Geräte erhöhte die Prognose für das laufende Geschäftsjahr. Analyst David Adlington von JPMorgan schätzt, dass nun die Markterwartungen an den Gewinn um fünf Prozent zulegen.
Deutsche Telekom stiegen an der Dax-Spitze um 2,8 Prozent. Analysten lobten die Zahlen der Tochter T-Mobile US vom Vorabend. Die Aktie hatte im späten Handel fast acht Prozent gewonnen.
In der zweiten Reihe verloren Rational zwei Prozent. Hier bremsten Versorgungsengpässe bei elektronischen Bauteilen den Jahresendspurt.
Der Euro reagierte auf die EZB-Sitzung mit steigenden Kursen. Zuletzt kostete er 1,1309 US-Dollar. Die EZB hatte den Referenzkurs am Vortag auf 1,1323 Dollar festgesetzt. Am Rentenmarkt stieg die Umlaufrendite von minus 0,10 Prozent am Vortag auf minus 0,09 Prozent. Der Rentenindex Rex fiel um 0,08 Prozent auf 142,79 Punkte. Der Bund-Future gab um 0,26 Prozent auf 168,18 Zähler nach.
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