Die Deutsche Börse will sich mit der größten Übernahme ihrer Geschichte noch unabhängiger von Schwankungen an den Finanzmärkten machen. Für rund 3,9 Milliarden Euro soll der dänische Softwareanbieter Simcorp gekauft werden, wie der Dax-Konzern in Frankfurt mitteilte. «Wir haben unsere Daten- und Analysekapazitäten in den vergangenen Jahren deutlich ausgebaut», begründete Konzernchef Theodor Weimer. «Simcorp passt sowohl strategisch als auch in Bezug auf die Unternehmenskultur hervorragend zu uns.»
Finanzieren will die Deutsche Börse den Kauf über bestehende Barmittel und Kredite. Am Aktienmarkt jedoch ging es für die Deutsche-Börse-Aktie wegen der hohen Bewertung Simcorps nach der Ankündigung kräftig nach unten. Am Donnerstagnachmittag war das Papier mit mehr als sechs Prozent Minus auf gut 171 Euro Schlusslicht im Dax. Die Anteile des Börsenbetreibers hatten allerdings erst Anfang der Woche mit etwas mehr als 186 Euro ein Rekordhoch erreicht.
Der Kauf des dänischen Unternehmens werde es ermöglichen, langfristige Branchentrends noch besser zu nutzen, teilte die Deutsche Börse mit. Nach Einschätzung von Experten passt der Deal gut zur Strategie von Vorstandschef Weimer, der den Konzern in den vergangenen Jahren wiederholt mit Übernahmen gestärkt hatte. 2021 etwa kauften die Frankfurter für rund zwei Milliarden Euro den Stimmrechtsberater ISS. Der bisher größte Zukauf der Deutschen Börse war die Akquisition der US-Optionsbörse ISE 2007 für 2,8 Milliarden Dollar.
Neue geschäftliche Dimensionen
Weimer hatte Anfang 2018 die Leitung der Deutschen Börse von Carsten Kengeter übernommen. Kengeter musste wegen der einmal mehr gescheiterten Übernahme der Londoner Börse (LSE) und des Verdachts auf Insiderhandel gehen. Der frühere Hypovereinsbank-Chef Weimer steuerte das Unternehmen nicht nur in ruhigeres Fahrwasser, sondern hat die Börse auch geschäftlich in neue Dimensionen geführt.
Im ersten Quartal des laufenden Jahres konnte die Deutsche Börse den am Mittwochabend vorgelegten Zahlen zufolge den jüngsten Rekordkurs fortsetzen. Erträge und Gewinn legten in den ersten drei Monaten zum Vorjahreszeitraum deutlich zu. Das Management blickt daher etwas optimistischer auf das laufende Jahr als zuletzt. «Im ersten Quartal haben sich die Handelsvolumen sehr stark entwickelt und liegen über unseren Erwartungen», sagte Finanzvorstand Gregor Pottmeyer.
Vorstand: Oberes Ende der Prognose könnte erreicht werden
Der Vorstand rechnet nun damit, dass die Börse im Gesamtjahr am oberen Ende der Prognose oder sogar leicht darüber landen wird. Bisher war bei den Erträgen ein Anstieg von bis zu acht Prozent auf 4,5 Milliarden bis 4,7 Milliarden Euro angepeilt. Beim Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) hatte Konzernchef Weimer bisher mit einem Anstieg auf 2,6 Milliarden bis 2,8 Milliarden Euro und damit einem Plus von bis zu elf Prozent gerechnet.
In den ersten drei Monaten 2023 legten die Nettoerlöse um 16 Prozent auf 1,23 Milliarden Euro zu. Neun Prozentpunkte des Wachstums führte die Deutsche Börse dabei auf zyklische Effekte, also günstige Bedingungen für das Unternehmen, zurück. Der operative Gewinn zog um zwölf Prozent auf 772 Millionen Euro an.
Der von der Deutschen Börse gebotene Preis von 735 dänischen Kronen je Aktie liegt 39 Prozent über dem Schlusskurs der Simcorp-Anteile. Die Führungsspitze des dänischen Unternehmens werde den Aktionären empfehlen, das Angebot der Deutschen Börse anzunehmen. Voraussetzung für eine erfolgreiche Übernahme sei, dass dem deutschen Konzern mehr als die Hälfte der Anteile angeboten werden.
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