Die deutsche Wirtschaft hat die Bedeutung Chinas betont und die Bundesregierung zu einem pragmatischen Kurs aufgefordert. DIHK-Präsident Peter Adrian warnte vor einer grundlegenden Kehrtwende im Verhältnis zu China mit negativen Folgen für deutsche Jobs. Adrian sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Wir haben sicherlich gelernt durch die Erfahrungen mit Russland, dass wir uns nicht blauäugig in Abhängigkeiten hereinstürzen dürfen. Aber aus dieser Erkenntnis heraus sollte man keine 180-Grad-Wende machen. China ist nach wie vor für uns ein ganz wichtiger Wirtschaftsraum.»
Die Bundesregierung erarbeitet derzeit eine neue deutsche China-Strategie. Die Abhängigkeit von China soll verringert und Lieferwege sollen breiter aufgestellt werden, wie Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bereits deutlich gemacht hatte. Wie aus einem Entwurf des bei der China-Strategie federführenden Außenministeriums hervorgeht, sollen Menschenrechte eine größere Rolle spielen.
Industrie-Präsident Siegfried Russwurm sagte der dpa: «Die China-Strategie wird drei Dimensionen adressieren müssen: China als Partner zur Lösung globaler Herausforderungen, China als systemischer Wettbewerber – China ist und bleibt aber auch ein zentraler Markt für unsere deutsche Industrie.»
BGA-Präsident: «Würde mir Augenmaß wünschen»
Dirk Jandura, Präsident des Außenhandelsverbandes BGA, sagte der dpa, China sei ein riesengroßer Markt. «Und deshalb würde ich mir Augenmaß wünschen.» Die deutschen Unternehmen arbeiteten bereits mit Hochdruck an der Diversifizierung der Lieferkette. Das brauche aber Zeit. Er sprach mit Blick auf China von einer Gratwanderung. «Es ist richtig, das Verhältnis Europas zu China kritisch zu hinterfragen. Ich würde mir aber von der Bundesregierung wünschen, jetzt nicht das Kind mit dem Bade auszuschütten und überzureagieren.» Das wäre für alle Beteiligten die schlechteste Maßnahme.
«Wir stehen zu den Menschenrechten», sagte Jandura. «Die Politik muss aber viel mehr den Unternehmen vertrauen.» Globaler Handel habe viele Menschen weltweit aus der Armut befreit. «Wenn man schwarz-weiß denkt, wird man Beziehungen zu manchen Ländern relativ stark kappen müssen, dann ist aber unser und deren Wohlstand in Gefahr. Man muss es pragmatischer angehen, ohne das Ziel aus den Augen zu verlieren.»
DIHK-Präsident Adrian sagte, die meisten in China tätigen deutschen Unternehmen produzierten vor Ort für den chinesischen Markt. «Das wird in der Diskussion hier oft übersehen. Und natürlich ist eine richtige Lehre aus den Krisen der vergangenen Jahre, seine Geschäftsrisiken stärker zu verteilen. Das tun die Unternehmen derzeit sehr stark. Aber die Vorstellung, sich komplett von China abzuwenden, ist völlig unrealistisch. Von Teilen der Bundesregierung wünschen wir uns mehr Pragmatismus und weniger Ideologie.»
Industrie-Präsident: «Brauchen echte Alternativen»
Adrian sagte: «Wir sollten uns stärker darauf konzentrieren, im Wettbewerb in anderen Teilen der Welt nicht alles den Chinesen zu überlassen. Wir sollten anderen Ländern nicht immer die Welt erklären wollen und meinen, dass alle unserem Wertesystem folgen müssen. Wer irgendwo ins Geschäft kommen und Verbindungen aufbauen will, muss sich vor allem als Bessermacher präsentieren und nicht als Besserwisser.»
Russwurm sagte: «Was wir brauchen, sind echte Alternativen zur Beschaffung aus China, etwa von Rohstoffen, und die Öffnung weiterer Märkte neben China – beides, um unsere Abhängigkeit zu verringern.»
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