Der Post-Konzern DHL setzt den Ausbau seines Automaten-Angebots fort und hofft dabei auf Rückenwind durch eine Gesetzesnovelle. Sogenannte Poststationen seien für eine künftige postalische Versorgung Deutschlands sinnvoll, sagte Konzernchef Tobias Meyer vor der Wirtschaftspublizistischen Vereinigung in Düsseldorf.
«Wir sehen, dass die Kunden mit einem gut gemachten Automaten mit Videoberatung deutlich zufriedener sind.» Auch berufstätige Menschen könnten sie gut nutzen, weil sie rund um die Uhr verfügbar seien. Postfilialen hätten hingegen Öffnungszeiten.
Der Konzern betreibt derzeit rund 300 «Poststationen», bei denen man Briefmarken kaufen, Pakete abgeben und abholen kann sowie eine Videoberatung bekommt. Zu Jahresbeginn waren es erst 100, in den kommenden Jahren soll der Ausbau weitergehen. Die Automaten sind eine Weiterentwicklung der Packstationen, bei denen es nur um Pakete geht. Von diesen Automaten gibt es 12.500, Tendenz steigend.
Strukturwandel auf dem Land
DHL muss sich derzeit als sogenannter Universaldienstleister – also als Postfirma, die jeden Werktag zur Sendungszustellung überall in Deutschland verpflichtet ist – an bestimmte Vorgaben halten. So muss es in Gemeinden mit mehr als 2000 Einwohnern mindestens eine Filiale geben. Ab 4000 Einwohnern muss eine Filiale in zusammenhängend bebauten Gebieten in maximal 2000 Metern erreichbar sein. Hierbei geht es in den allermeisten Fällen um Einzelhändler, die zusätzlich zu ihrem Kerngeschäft auch einen Postschalter anbieten. Automaten werden bisher bei der Erfüllung der Filialpflicht nicht angerechnet.
Die Post hat Probleme, die noch geltende Vorgabe zu erfüllen. Das liegt auch am Strukturwandel auf dem Land: Macht der letzte Kiosk in einem Dorf zu, so hat die Post dort keinen Partner mehr. Daher stellt sie mancherorts notgedrungen Container auf, in denen nur wenige Stunden am Tag postalische Leistungen angeboten werden – damit ist der Filialnetz-Vorgabe Genüge getan.
Die Sinnhaftigkeit solcher gesetzeskonformer Notlösungen stellte Meyer in Frage. Als Beispiel nannte er den Ortsteil Oberaichen von Leinfelden-Echtedingen nahe Stuttgart. Wegen der aktuell geltenden Filialnetz-Pflicht muss die Post dort eine Verkaufsstation betreiben. «Da haben Sie drei Friseure, eine Automobilwerkstatt und einen Bestatter – das sind alles nicht so die idealen Partner für uns.»
Nach Darstellung von Meyer brächte es Bewohnern vor Ort viel mehr, wenn es einen Automat gäbe und nicht bloß einen Container, der zur Erfüllung einer veralteten Filialnetz-Vorschrift nur kurz geöffnet sei. «Da stellt sich einer rein für vier Stunden und wartet, dass die Damen und Herren, die dann nicht arbeiten müssen, ihre Briefmarken kaufen.»
Vorschlag zur Reform des Postgesetzes
Könnten die Automaten nach der Gesetzesreform bei der Filialpflicht einbezogen werden, würde sich die Aufstellung von Automaten für DHL mehr lohnen als bisher. Ein Haken hierbei: Am Automaten gibt es manche Produkte nicht, zum Beispiel speziell für Bargeld und andere Wertsachen gedachte Einschreiben. Die allerdings werden ohnehin kaum nachgefragt – das früher Wertbrief genannte Einschreiben werde pro Postfiliale pro Jahr im Schnitt nur 0,3 Mal aufgegeben, so Meyer.
Derzeit sitzt das Bundeswirtschaftsministerium an einem Vorschlag zur Reform des Postgesetzes, das letztmals 1999 wesentlich novelliert worden war. Damals wurden noch viel mehr Briefe geschrieben, Emails spielten in der Alltagskommunikation nur eine ungeordnete Rolle. Im Rahmen dieser Gesetzesnovelle könnte auch die Filialnetz-Vorschrift geändert werden.
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