Hohe Energie- und Rohstoffpreise sowie Lieferengpässe bremsen den Aufholprozess der deutschen Wirtschaft. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) senkt vor diesem Hintergrund seine Wachstumsprognose für dieses Jahr.
Erwartet wird nun ein Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts von 3,0 Prozent, nach zuvor 3,6 Prozent. «Die Konjunktur hält die Luft an», sagte DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben am Freitag in Berlin. In den Unternehmen herrsche zwar weiterhin eine vorsichtig optimistische Grundstimmung. «Viele wissen aber wegen großer Unsicherheiten nicht, wie es weiter geht.»
Auch Energiepreise und Fachkräftemangel problematisch
Als größte Belastungsfaktoren nannte er neben der Corona-Krise und Lieferengpässen die stark gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise sowie den Fachkräftemangel. Hinzu kämen weitere zu erwartende Kostensteigerungen durch die Transformation beim Klimaschutz. Viele Firmen befürchteten eine Verschlechterung ihrer Position auf den Weltmärkten.
Die geringeren Erwartungen hätten auch damit zu tun, dass das vierte Quartal 2021 schwächer als erwartet ausgefallen sei, so Wansleben. Das Vorkrisenniveau der Wirtschaftsleistung nach dem Einbruch 2020 wird laut DIHK voraussichtlich erst zur Jahresmitte erreicht. Die Bundesregierung erwartet für 2022 ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 3,6 Prozent.
Die Wirtschaft beurteilt sowohl ihre aktuelle Lage als auch den Ausblick auf das Gesamtjahr 2022 insgesamt negativer als vor dem Jahreswechsel, wie eine DIHK-Konjunkturumfrage zu Jahresbeginn unter knapp 28.000 Unternehmen ergab. Nur knapp ein Viertel der Unternehmen rechnen in den kommenden zwölf Monaten mit besseren Geschäften
In den von der Corona-Krise besonders betroffenen Wirtschaftsbranchen wie dem Gastgewerbe und dem Einzelhandel habe sich die Lage der Betriebe über den Jahreswechsel deutlich verschlechtert. Wansleben sprach von «Kellerkindern der Konjunktur». Er machte deutlich, dass es wichtig sei, staatliche Hilfen zu verlängern.
Angesichts der drastisch gestiegenen Energiepreise müsse es Entlastungen geben. Wansleben nannte eine schnelle Abschaffung der EEG-Umlage und eine Senkung der Stromsteuer. Unter Firmen herrsche außerdem Angst um die Versorgungssicherheit.
Mit Investition wollen Firmen eher warten
Fast zwei Drittel der Betriebe stuft laut Umfrage die Energie- und Rohstoffpreise als eines ihrer größten Geschäftsrisiken ein, in der Industrie sind es demnach sogar 85 Prozent. Neun von zehn Unternehmen meldeten höhere Einkaufspreise als Folge von Lieferengpässen. Nur noch zehn Prozent der Betriebe und damit deutlich weniger als im Herbst 2021 rechneten mit einem Ende der Lieferprobleme bis zu Jahresmitte.
Bei den Investitionsabsichten blieben die Unternehmen abwartend. Der DIHK rechnet mit einem Anstieg um 3,5 Prozent in diesem Jahr, in guten Zeiten seien es vier bis fünf Prozent. Damit fehlten wichtige Zukunftsinvestitionen für die Transformation der Wirtschaft hin zu mehr Dekarbonisierung und Digitalisierung.
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