Ein mutmaßlicher Anschlag hat die einzige Tesla-Autofabrik in Europa mit einem Stromausfall lahmgelegt. Die Polizei geht von Brandstiftung aus und prüft ein Bekennerschreiben.
Das Unternehmen von Elon Musk setzt die Produktion für mindestens diese Woche aus. Die linksextremistisch eingestufte «Vulkangruppe» teilte mit: «Wir haben heute Tesla sabotiert.» Die Gruppe wirft Tesla in einer Mail «extreme Ausbeutungsbedingungen» vor und fordert eine «komplette Zerstörung der Gigafactory». Der Brand eines Strommastes in der Nähe der Fabrik in Grünheide bei Berlin, der zu dem Produktionsstopp des Tesla-Werks und einem Stromausfall für Zehntausende Bewohner in der Region führte, sorgte für Entsetzen bis hin zur Bundesregierung.
Die Produktion in der Fabrik von Tesla-Chef Elon Musk steht nach dem Stromausfall vorerst still. Sie wurde am frühen Morgen geräumt. Das Unternehmen rechnet mit wirtschaftlichen Schäden im «hohen neunstelligen Bereich». «Wir sind tief bestürzt über das, was heute passiert ist», sagte Werksleiter André Thierig bei einer Pressekonferenz vor der Fabrik in Grünheide. Er sprach von zwei weiteren Anschlägen in der Umgebung in den vergangenen Jahren. «Wir rechnen aktuell nicht damit, dass wir im Laufe dieser Woche die Produktion wider hochfahren können.» Er ging davon aus, dass allein am Dienstag über 1000 Autos in der Produktion verloren seien. «Wir sind auf solche Fälle vorbereitet, aber wenn die komplette Stromleitung unterbrochen wird, gibt es auch keine Pläne, wie man dem vorbeugen kann.»
Tesla-Chef Elon Musk reagierte sauer angesichts des Produktionsstopps seiner Fabrik. «Das sind entweder die dümmsten Ökoterroristen der Welt oder sie sind Marionetten derer, die keine guten Umweltziele haben», schrieb Musk auf Englisch auf dem Portal X (früher Twitter). «Die Produktion von Elektrofahrzeugen anstelle von Fahrzeugen mit fossilen Brennstoffen zu stoppen, ist extrem dumm.» Dabei schrieb der Tesla-Chef die Wörter «extrem dumm» auf Deutsch.
Bundesregierung kritisiert mutmaßlichen Anschlag scharf
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) verurteilte den mutmaßlichen Brandanschlag. «Ein solcher Anschlag auf unsere Strominfrastruktur ist eine schwere Straftat, die durch nichts zu rechtfertigen ist», sagte Faeser in Berlin. «Wenn sich ein linksextremistisches Motiv bestätigt, dann ist das ein weiterer Beleg, dass in der linksextremistischen Szene vor Angriffen auf kritische Energie-Infrastrukturen nicht zurückgeschreckt wird.» Das könne Tausende unbeteiligte Menschen betreffen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck forderte rasche Aufklärung und Ahndung. «Gewalt und Sabotage dürfen kein Mittel der Auseinandersetzung sein», sagte der Grünen-Politiker.
Unbekannte Täter setzten nach Angaben des Innenministeriums am frühen Dienstagmorgen einen Hochspannungsmast bei Steinfurt, einem Ortsteil von Gosen-Neu Zittau in Ostbrandenburg, in Brand. Die Polizei wurde gegen 5.15 Uhr über das Feuer informiert. Die Feuerwehr löschte den Brand. Der Strommast stand frei auf einem Feld und war nicht umzäunt. Die Polizei war unter anderem mit Hubschrauberstaffel, Drohnenstaffel, Einsatzhundertschaft und Diensthunden im Einsatz. Die Stromversorgung der umliegenden Gemeinden lief seit dem späten Dienstagvormittag wieder – mit Ausnahme des Tesla-Werks und einem Logistikzentrum, wie Versorger Edis mitteilte. Der Staatsschutz des Landeskriminalamts nahm die Ermittlungen auf.
Linksextremistische Gruppe ist bereits bekannt
«Wir haben Kenntnis erhalten von einem Bekennerschreiben, das wir derzeit prüfen», sagte eine Polizeisprecherin. Die Echtheit werde geprüft. Die als linksextremistisch eingestufte «Vulkangruppe», die sich zu einem «Anschlag auf die Stromversorgung» als Protest bekannte, ist dem Verfassungsschutz bekannt. Sie stand bereits im Jahr 2021 im Verdacht, einen Brandanschlag auf die Stromversorgung der Tesla-Baustelle verübt zu haben. Der Verfassungsschutz Brandenburg schrieb in seinem Bericht 2021 über das Bekennerschreiben. Dort hieß es außerdem: «In den vergangenen Jahren hatten mehrmals Linksextremisten als „Vulkangruppen“ Brandanschläge in Berlin verübt.»
Der Widerstand gegen Tesla wächst
Tesla musste in diesem Jahr nicht nur knapp zwei Wochen die Produktion wegen der unsicheren Lage im Roten Meer und fehlender Teile stilllegen. Bei einer Bürgerbefragung in Grünheide stimmte eine deutliche Mehrheit gegen die geplante Erweiterung des Firmengeländes, wofür Wald gerodet werden müsste. Seit Donnerstag halten rund 80 bis 100 Umweltaktivisten einen Teil des Landeswaldes nahe dem Werk besetzt, den Tesla im Fall einer Erweiterung seines Geländes roden will.
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) warnte vor einer Form von Terrorismus und sieht die Wirtschaft in Gefahr. «Wenn der Hintergrund wirklich sein sollte, hier einem Wirtschaftsunternehmen – nämlich Tesla – Schaden zuzufügen, dann hat es natürlich auch Konsequenzen für die gesamte Wirtschaft in Deutschland», sagte Woidke in Potsdam. Der mutmaßliche Anschlag auf die Strominfrastruktur sei «ein nicht hinnehmbarer Akt der Gewalt».
Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) stellte sich demonstrativ vor Tesla und verurteilte den mutmaßlichen Brandanschlag. «Es ist von denjenigen, die diesen Anschlag verübt haben, billigend in Kauf genommen worden, dass Menschen dadurch verletzt werden», sagte er. «Ich glaube, das ist eine neue Qualität, die wir an der Stelle haben.» Innenminister Michael Stübgen (CDU) sprach von einem perfiden Anschlag auf die Strominfrastruktur, wenn sich die ersten Erkenntnisse bestätigen. «Das wird Konsequenzen haben. Hier wurden tausende Menschen von der Grundversorgung abgeschnitten und in Gefahr gebracht.»
Umweltaktivisten, die in einem Wald nahe der Fabrik gegen die geplante Erweiterung des Tesla-Geländes protestieren, wiesen einen Zusammenhang mit dem mutmaßlichen Anschlag zurück. «Mit unseren Körpern und Baumhäusern stellen wir uns der Erweiterung der Fabrik entgegen. Dabei gefährden wir keine Menschenleben», teilte die Initiative Teslastoppen mit. Sie müssen mit Räumung rechnen: Die Landesregierung prüft, ob sie das Protestcamp neu bewertet. «Das kann auch die Beendigung der Duldung bedeuten», sagte Steinbach. Der Verein für Natur und Landschaft in Brandenburg – die Bürgerinitiative gegen Tesla – distanzierte sich von dem mutmaßlichen Anschlag: «Dieser Anschlag schadet unserer Arbeit.»
Tesla stellt in Grünheide seit knapp zwei Jahren Elektroautos her. Dort arbeiten nach Angaben des Unternehmens rund 12 500 Beschäftigte. Umweltschützer kritisieren unter anderem, dass das Gelände in einem Wasserschutzgebiet liegt. Tesla will zudem die Produktion von geplanten 500.000 Autos im Jahr auf eine Million ausbauen.
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