Deutlich mehr als zwei Euro pro Liter Sprit – was Autofahrern lange als Horrorvision galt, war vor einem Jahr Wirklichkeit geworden. Ein Jahr später haben sich die Spritpreise wieder teils normalisiert, und alleine dadurch dürften sie in den kommenden Monaten sogar zur Inflationsbremse werden. Denn was derzeit an den Zapfsäulen bezahlt wird, ist im langjährigen Vergleich zwar noch immer teuer. Verglichen mit den Werten vor einem Jahr mutet es dennoch fast wie ein Schnäppchen an.
Im März 2022 waren unter dem Eindruck des Ukraine-Krieges alle bisherigen Spritpreisrekorde pulverisiert worden. Am 7. März vergangenen Jahres wurde nach Zahlen des ADAC zum allerersten Mal im bundesweiten Tagesdurchschnitt der Wert von 2 Euro pro Liter Super E10 und Diesel überschritten. Am 10. März folgte das Allzeithoch von Diesel mit 2,321 Euro pro Liter im bundesweiten Tagesdurchschnitt. Der E10-Rekord wurde am 14. März mit 2,203 Euro erreicht.
Derzeit liegen die Preise deutlich darunter. Im Februar kosteten sowohl Superbenzin der Sorte E10 als auch Diesel im bundesweiten Monatsschnitt 1,754 Euro pro Liter, wie der ADAC ermittelt hat. Sollten sich im März ähnliche Preise ergeben, wäre Diesel rund 18 Prozent, Superbenzin knapp 15 Prozent günstiger als im Vorjahresmonat. Das wäre so deutlich, dass es sich sogar in der Inflationsrate bemerkbar machen würde. Nach der jüngst eingeführten neuen Gewichtung des Verbraucherpreisindexes, in dem die Spritpreise rund 3 Prozent ausmachen, ergibt sich rechnerisch eine dämpfende Auswirkung von knapp einem halben Prozentpunkt.
Schrittweise Normalisierung
Bei Benzin habe man seit dem Herbst eine schrittweise Normalisierung der Preise, sagt ADAC-Kraftstoffmarkt-Experte Jürgen Albrecht. Wenn man sie mit Ölpreis und Eurokurs abgleiche, seien sie zwar immer noch eher hoch. «Aber die Entkopplung mit extremen Preisen ist vorbei.» Bei Diesel sei man allerdings noch nicht so weit, auch wenn der Kraftstoff seit Mitte Februar zumindest günstiger als Benzin ist.
Am Sonntag kostete E10 laut ADAC 1,778 Euro pro Liter, Diesel 1,757 Euro. Das ist ein leichter Anstieg in den vergangenen Tagen, doch Schwankungen sind nicht ungewöhnlich, und insgesamt erwartet Albrecht bei beiden Kraftstoffarten eher eine Entwicklung nach unten. «Anders als in Teilen des vergangenen Jahres hängen die Spritpreise wieder enger mit dem Ölpreis zusammen», sagt er. «Ich halte es nicht für sehr wahrscheinlich, dass er stark steigt. Wenn die Wettbewerbskräfte wirken und nichts Außergewöhnliches passiert, könnte sich Sprit in den nächsten Monaten noch etwas verbilligen.»
Insbesondere bei Diesel sieht Albrecht Luft nach unten. Denn die Steuer auf den Kraftstoff ist deutlich niedriger als auf Benzin, weswegen auch Diesel normalerweise deutlich günstiger ist. Im Schnitt der Jahre 2012 bis 2021 war Diesel gut 15 Cent billiger als E10 – nicht nur 2,1 Cent wie am Sonntag. Und mit dem Auslaufen der Heizperiode kommt noch ein weiterer Effekt hinzu: Sinkt die Nachfrage nach Heizöl im Frühjahr, drückt das oft auch den Preis von Diesel.
Weitere Entwicklung schwer vorherzusehen
Allerdings müssten Preissenkungen durch Wettbewerb erzwungen werden, betont Albrecht und ruft zu bewusst günstigem Tanken auf. «Die Mineralölkonzerne werden ihre Margen nicht freiwillig aufgeben.» Dabei spielt es auch eine Rolle, dass die Verbraucher inzwischen ein Stück weit an hohe Preise gewöhnt sind. Noch vor eineinhalb Jahren wären die aktuell als Normalisierung empfundenen Spritpreise klare Höchststände gewesen. Wie es in der zweiten Jahreshälfte mit den Spritpreisen weitergeht, ist schwer vorherzusehen. Es dürfte vor allem vom Ölpreis abhängen – wie schon in der Vergangenheit.
Trotz der hohen Preise wurde 2022 nicht weniger Sprit verbraucht als in den Vorjahren. Die vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) vor kurzem gemeldeten Jahreszahlen zu den Auslieferungen von Kraftstoffen zeigen bei Benzin sogar ein Plus im Vergleich zu den Pandemiejahren 2020 und 2021. Bei Diesel ist das Niveau weitgehend unverändert. Vor allem bei Benzin haben die Folgen der Corona-Lockerungen und verstärkten Reisetätigkeit offenkundig die Effekte der hohen Preise mehr als ausgeglichen. Vor Corona lag der Verbrauch bei beiden Kraftstoffen allerdings deutlich höher.
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