Nach dem Beinahe-Unglück mit einer Boeing 737-9 Max Anfang Januar hat auch das US-Justizministerium Ermittlungen aufgenommen. Die betroffene Fluggesellschaft Alaska Airlines teilte am Samstag mit, sie kooperiere mit der Untersuchung und gehe nicht davon aus, dass sie im Visier der Ermittlungen stehe.
In einer solchen Situation sei es normal, dass sich das Justizministerium einschalte. Das «Wall Street Journal» berichtete zuvor, Ermittler hätten Kontakt zu Passagieren aufgenommen und Piloten sowie Flugbegleitpersonal befragt.
170 Menschen kamen mit einem Schrecken davon
Bei dem Zwischenfall mit einer so gut wie neuen Boeing 737-9 Max von Alaska war kurz nach dem Start im Steigflug ein Rumpf-Fragment an der Reihe 26 herausgebrochen. Die mehr als 170 Menschen an Bord kamen weitgehend mit einem Schrecken davon. Experten verwiesen aber darauf, dass durch einen glücklichen Zufall die beiden Sitze an dem Loch im Rumpf leer geblieben waren.
Die Unfallermittlungsbehörde NTSB geht nach ersten Untersuchungen davon aus, dass vier Befestigungsbolzen an dem Rumpfteil gänzlich fehlten. Es gebe Hinweise darauf, dass das Fragment immer weiter hochgerutscht sei, bis es dann beim 154. Flug herausbrach, sagte NTSB-Chefin Jennifer Homendy vor wenigen Tagen in einer Anhörung im US-Senat.
Erste Konsequenzen für Boeing
Der Zwischenfall hat bereits Konsequenzen für Boeing. Die Luftverkehrsaufsicht FAA erlaubt dem Flugzeugbauer bis auf Weiteres nicht den Ausbau der Max-Produktion, den Boeing dringend braucht, um den Verzug bei Auslieferungen abzubauen. Außerdem nimmt die FAA die Fertigung gründlich unter die Lupe. Die Ermittlungen des Justizministeriums könnten in erheblichen weiteren Problem münden.
Denn bei der Untersuchung dürfte es auch darum gehen, ob Boeing sich an die Bedingungen eines Vergleichs hält, mit dem die Ermittlungen nach zwei Abstürzen von 737-Max-Flugzeugen in den Jahren 2018 und 2019 beigelegt wurden. Bei den Unglücken mit Maschinen der indonesischen Lion Air und Ethiopian Airlines starben 346 Menschen. Das Problem lag in einer Assistenzsoftware. Boeing räumte als Teil des Vergleichs ein, dass frühere Mitarbeiter die FAA nicht korrekt über das Ausmaß des benötigten Piloten-Trainings für den Betrieb der Software informiert hätten.
Der damalige 2,5 Milliarden Dollar schwere Vergleich sah unter anderem vor, dass Boeing keine rechtlichen Probleme bekommt und mit allen Behördenermittlungen kooperiert. Sollte das Justizministerium zu dem Schluss kommen, dass Boeing gegen die Zusagen verstieß, könnten die damaligen Vorwürfe zu falschen Angaben wieder im Raum stehen – oder die Aufsicht über den Konzern verlängert werden.
Die NTSB, die den Alaska-Zwischenfall weiter untersucht, befürchtet zugleich, dass durch die Ermittlungen des Justizministeriums Boeing-Mitarbeiter weniger offen in der Kommunikation mit Experten der Behörde sein könnten.
Ähnliche Beiträge
Handwerkspräsident: Zutrauen zur Ampel-Koalition fehlt
Nebenkostenprivileg beendet – Mieter müssen bei TV umplanen
Frankreich startet Kennzeichnungspflicht für Mogelpackungen