Lufthansa-Passagiere müssen schon wieder ganz tapfer sein: Der Frankfurter Flugplan zeigt ab Montagabend fast nur noch rot. Mit ganz wenigen Ausnahmen sind die Flüge der Lufthansa gestrichen, die an normalen Tagen zwei Drittel des Angebots am größten deutschen Flughafen bestreitet. Doch in den ersten Wochen dieses Jahres werden die normalen Tage im Luftverkehr immer weniger, denn die Streiks der verschiedenen Berufsgruppen folgen im immer engeren Takt aufeinander. Ab Montagabend sorgt die zweite Warnstreikwelle des von Verdi organisierten Bodenpersonals für Stillstand.
Wer streikt wann?
Wenn am Montag um Mitternacht wie geplant der dreitägige Pilotenstreik bei der Lufthansa-Tochter Discover endet, hat bereits der nächste Arbeitskampf mit erheblichen Folgen für mehr als 100 000 Passagiere begonnen. Um 20.00 Uhr treten Techniker, Informatiker und Logistiker als erste in den von Verdi organisierten Warnstreik des Lufthansa-Bodenpersonals. Am Dienstag folgen ab 4.00 Uhr die Beschäftigten in den «passagiernahen» Bereichen wie Check-in, Information oder an den Flugsteigen. Bestreikt werden Frankfurt, München, Hamburg, Berlin, Düsseldorf, Köln/Bonn und Stuttgart. Der Streik soll in einzelnen Betriebsteilen bis 7.10 Uhr am Mittwoch dauern, in der Regel aber in der Nacht auf Mittwoch auslaufen.
Bereits seit Samstag waren Piloten der Discover im Ausstand und wurden dabei am Montagvormittag mit einem Solidaritätsstreik der Kollegen bei einigen Lufthansa-Fernflügen mit der Boeing 787 unterstützt. Allerdings gelang es dem Konzern, die Folgen in engen Grenzen zu halten: Die 787-Flüge fanden alle mit Ersatzpiloten statt, und auch Discover musste am Montag nur einen einzigen Flug von Frankfurt ins Standardziel Mallorca absagen.
Wer könnte noch streiken?
Das zersplitterte Luftverkehrssystem hat für zahlreiche Berufsgruppen eine hohe Streikmacht geschaffen. Ihre Aktionen schlagen schnell durch. Im Moment laufen neben den genannten Tarifrunden Gespräche mit dem Lufthansa-Kabinenpersonal sowie mit den privaten Luftsicherheitskräften, die ebenfalls unter Leitung von Verdi in diesem Jahr schon einmal gestreikt haben und dies auch wieder tun könnten. Ein Lichtblick ist der jüngst von Verdi verabredete Branchentarifvertrag für die Bodenverkehrsdienste an den Flughäfen, für die bislang Dutzende Haus- und Standortverträge parallel bestehen. Für sie wird künftig an einem Termin zentral verhandelt. Nicht streiken darf die an den Flughäfen stationierte Bundespolizei, während sich die Fluglotsen in den vergangenen Jahren jeweils ohne Streiks mit der Flugsicherung einigten.
Was bedeutet der Verdi-Warnstreik für die Passagiere?
Die Fluggäste müssen erneut mit dem Ausfall Hunderter Flüge zurechtkommen. Bereits beim ersten Warnstreik vor knapp zwei Wochen fielen rund 900 von 1000 geplanten Lufthansa-Flügen aus. Die Passagiere abgesagter Flüge werden dringend gebeten, am Dienstag nicht am Flughafen zu erscheinen. Die dortigen Umbuchungsschalter seien voraussichtlich nicht besetzt, warnt die Lufthansa. Umbuchungen sollen daher über die App, die Homepage oder die Callcenter abgewickelt werden.
Welche Flüge finden statt?
Bei der Lufthansa sind es nur wenige Ausnahmen, auch wenn die Gesellschaft angekündigt hat, zwischen 10 und 20 Prozent der Flüge stattfinden zu lassen. So gehen am Montagabend noch einige Fernflüge raus, und am Dienstvormittag sind in Frankfurt nur noch sehr vereinzelte Abflüge nach Osteuropa im Flugplan. In München ist ab Dienstagmorgen ebenfalls fast jeder Lufthansa-Flug gestrichen. Flüge anderer Gesellschaften sind von den Streiks nicht getroffen und sollten wie geplant starten. An Standorten außerhalb der Drehkreuze Frankfurt und München fallen nach Auskunft der Flughäfen nur Verbindungen eben dorthin aus.
Worum geht es in dem Tarifkonflikt?
Hintergrund des Warnstreiks des Bodenpersonals sind die konzernweiten Vergütungstarifverhandlungen für die laut Verdi rund 25 000 Beschäftigten am Boden – unter anderem bei der Deutschen Lufthansa, Lufthansa Technik, Lufthansa Cargo, Lufthansa Technik Logistik Services, Lufthansa Engineering and Operational Services (Leos) sowie weiteren Konzerngesellschaften. Lufthansa spricht von rund 20 000 Beschäftigen.
Auf den ersten Blick scheinen Forderung und Angebot nicht weit auseinanderzuliegen: Verdi verlangt 12,5 Prozent mehr Geld sowie eine Inflationsausgleichsprämie von 3000 Euro bei einer Laufzeit von einem Jahr. Lufthansa hat zuletzt bei einer gut doppelt so langen Laufzeit die Prämie sowie rund 10 Prozent mehr Gehalt angeboten.
Warum wird nicht einfach weiterverhandelt?
Die Tarifparteien beschuldigen sich gegenseitig, bei der vergangenen Verhandlungsrunde zu wenig Kompromissbereitschaft gezeigt zu haben. Die Lufthansa weist darauf hin, dass ihr Angebot dem Abschluss im öffentlichen Dienst entspreche, dem Verdi für 3,5 Millionen Menschen zugestimmt habe. Die Gewerkschaft betont die Opfer, die die Lufthansa-Belegschaft in der Corona-Zeit und der nachfolgenden Inflation erbracht habe. Nun müssten die Leute an den Gewinnen beteiligt werden. Die Tarifverhandlungen sollen am Mittwoch fortgesetzt werden. Ein weiterer Termin ist vorsorglich für den 13. und 14. März verabredet.
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