Zwei wegweisende Entscheidungen zur Aufarbeitung des Dieselskandals werden aus Luxemburg und Karlsruhe erwartet. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) fällt ein Grundsatzurteil zu sogenannten Abschalteinrichtungen.
Hintergrund ist ein Fall aus Frankreich. Das Urteil dürfte für die Branche richtungsweisend sein. (Rechtssache C-693/18) Am Nachmittag äußert sich dann der Bundesgerichtshof (BGH) erstmals zur Verjährung bei Schadenersatz-Klagen gegen Volkswagen (Az. VI ZR 739/20).
Am EuGH geht es um eine Software, die erkannte, ob ein Wagen für Zulassungstests im Labor geprüft wurde. Dann lief mit voller Stärke die sogenannte Abgasrückführung, die den Ausstoß gesundheitsschädlicher Stickoxide verringert. So wurden im Labor Grenzwerte eingehalten. Im Normalbetrieb wurde die Abgasrückführung gedrosselt. Der Effekt war mehr Motorleistung, aber auch mehr Stickoxid.
Die zuständige EuGH-Gutachterin hatte in ihrem Gutachten zu dem Fall im Mai festgestellt, dass es sich bei dieser Software tatsächlich um eine nach EU-Regeln verbotene Abschalteinrichtung handelt. Der Hersteller, der in dem Verfahren nur mit «X» bezeichnet wird, bestreitet dies. Die EU-Richter folgen ihren Gutachtern oft, aber nicht immer.
Am BGH geht es um die Frage, ob vom VW-Abgasskandal betroffene Diesel-Besitzer noch 2019 oder 2020 auf Schadenersatz klagen konnten. Der Kläger in dem Musterfall dürfte wohl leer ausgehen. Denn in seinem Fall steht unstreitig fest, dass ihm bereits 2015 klar war, dass auch sein Auto mit der illegalen Abgastechnik ausgestattet war. Seine Klage beim Stuttgarter Landgericht ging erst 2019 ein.
Die Verjährungsfrist beträgt normalerweise drei Jahre und läuft ab dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Betroffene davon erfahren hat. Der Dieselskandal war im Herbst 2015 bekanntgeworden. Und die obersten deutschen Zivilrichter dürften aller Voraussicht nach entscheiden, dass dem Mann eine Klage schon damals zumutbar war. Das hatte sich in der Verhandlung am Montag abgezeichnet. Damit wäre die Verjährung mit Ende 2018 eingetreten.
Laut VW sind noch rund 9000 Verfahren offen, in denen erst 2019 oder 2020 geklagt wurde. Die einzelnen Fälle sind aber unterschiedlich gelagert. Denn anders als hier ist oft umstritten, was die Kläger 2015 schon wussten. Der Vorsitzende Richter hat deshalb bereits eine weitere Verhandlung zur Verjährung im kommenden Jahr angekündigt.
Im September 2015 war aufgeflogen, dass Volkswagen mit spezieller Software Abgaswerte bei Zulassungstests manipuliert hatte.
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