Russlands Krieg in der Ukraine wird aus Expertensicht Elektroautos teurer machen – und könnte damit dem aktuellen Wandel der Branche einen Dämpfer verpassen.
Grund sei vor allem der Anstieg der Preise für Nickel, sagte Branchenanalyst Pedro Pacheco vom IT-Marktforscher Gartner der Deutschen Presse-Agentur. Russland ist eine zentrale Quelle des Metalls, das eine wichtige Rolle für die meisten Batterien von Elektrofahrzeugen spielt.
Die Produktion von Autos mit Verbrennungsmotoren werde ebenfalls beeinträchtigt: Denn vor allem für viele europäische Hersteller war die Ukraine bisher ein Zulieferer von Kabelverbindungen – und Russland ein Lieferant von Palladium für Katalysatoren.
Das teure Nickel «bedroht die Ausbreitung von Elektroautos» – gerade während der aktuelle Preissprung bei Treibstoffen das Interesse an alternativen Antrieben verstärke, sagte Pacheco. Die Folgen dürften nicht nur in diesem, sondern auch im kommenden Jahr zu spüren sein: «2022 und 2023 werden ganz anders verlaufen als es noch zu Jahresbeginn aussah.» Auch die Chipknappheit, die den Autobauern in der Corona-Pandemie schwer zu schaffen machte, könne sich weiter verschärfen – denn die Ukraine ist ein wichtiger Lieferant des Gases Neon, das in der Halbleiter-Produktion eingesetzt wird.
Durch die Halbleiter-Probleme seien die Autohersteller finanziell recht glimpflich gekommen, da sie mehr teurere Fahrzeuge verkauft hätten, sagte Pacheco. «Doch das Problem ist, in diesem Jahr schrumpft der Spielraum dafür, da letztlich entscheidend ist, wie sehr die Kunden bereit sind, mehr zu bezahlen.» Der Preisauftrieb in den Lieferketten dürfte den Autobauern zugleich kaum die Möglichkeit geben, Autos günstiger zu verkaufen, ohne Verluste in Kauf zu nehmen, insbesondere bei Elektroautos. «Und das wird mit Sicherheit die Akzeptanz von Elektrofahrzeugen beeinträchtigen.» Bei Verbrennern könne das mittlere Preissegment besonders stark schrumpfen. Die Nutzungszeit von Fahrzeugen könne sich weiter verlängern.
Neue Fusionen und Übernahmen nicht ausgeschlossen
Der Gartner-Analyst schließt zugleich nicht aus, dass chinesische Autobauer versuchen könnten, bei einem längeren Konflikt den Zugang zu für sie günstigeren russischen Rohstoffen für den Ausbau ihrer Position sowohl in Russland als auch auf dem Weltmarkt zu nutzen.
Für die Hersteller werde angesichts potenziell sinkender Autoverkäufe nun noch wichtiger, das Geschäft mit digitalen Diensten auszubauen. «Denn letztlich, wenn man keine Autos verkaufen kann, muss man etwas anderes verkaufen.» Pacheco rechnet als Folge der Entwicklung auch mit neuen Fusionen und Übernahmen in der Branche.
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