Nach einem deutlichen Rückgang der Firmenpleiten auch im zweiten Corona-Jahr zeichnet sich nun eine Wende ab.
Zwar meldeten die Amtsgerichte im Januar weniger Unternehmensinsolvenzen als ein Jahr zuvor. Doch nach vorläufigen Zahlen des Statistischen Bundesamtes stiegen die beantragten Regelinsolvenzen im März gegenüber dem Vormonat um 27,0 Prozent.
Experten rechnen in diesem Jahr mit steigenden Insolvenzen, auch weil Sonderregeln zur Verhinderung einer Pleitewelle in der Pandemie ausgelaufen sind. Hinzu kommen die wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Krieges, die noch nicht absehbar sind.
Steigende Energiepreise, gestörte Lieferketten
Viele Firmen ächzen vor allem unter explodierenden Energiepreisen, aber auch Lieferketten sind gestört. Die Bundesregierung will mit einem milliardenschweren Hilfspaket Unternehmen entlasten, die von den Folgen des Ukraine-Kriegs und hohen Energiepreisen besonders betroffen sind. Das Paket sieht unter anderem ein Kreditprogramm über die staatliche Förderbank KfW vor sowie Energiekosten-Zuschüsse für Firmen.
«Die von der Bundesregierung vorgestellte Energiekostenförderung wird bei einem länger anhaltenden Energiepreisschub viele drohende Insolvenzen gerade im Mittelstand nicht verhindern können», sagte Christoph Niering, Vorsitzender des Berufsverbandes der Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands.
Zugleich wies er darauf hin, dass sich die März-Prognose des Statistischen Bundesamtes mit dem 27-Prozent-Anstieg in den üblichen Jahresschwankungen bewege. Bereits im Februar hatte es im Vergleich zum Vormonat einen Zuwachs von 4,2 Prozent gegeben. Als Frühindikator gebe die Zahl Hinweise auf die künftige Entwicklung, erläuterte die Behörde. Die Daten wiesen aber nicht die Belastbarkeit amtlicher Statistiken auf.
Das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), das monatlich einen Insolvenztrend veröffentlicht, rechnet in den kommenden Monaten eher mit steigenden Zahlen. «Das Insolvenzgeschehen wird seit mehreren Monaten deutlich stärker vom Verarbeitenden Gewerbe geprägt», erläuterte IWH-Experte Steffen Müller. Die Auswirkungen des Ukraine-Krieges zeigten sich zwar noch nicht in den aktuellen Zahlen. «Aber die gestiegenen Energiekosten infolge des Krieges dürften die Industrie stark belasten.»
Im Januar 2022 meldeten die deutschen Amtsgerichte 1057 beantragte Unternehmensinsolvenzen. Das waren 4,6 Prozent weniger als ein Jahr zuvor und rund 34 Prozent weniger als vor der Corona-Pandemie im Januar 2020.
Um eine Pleitewelle infolge der Pandemie abzuwenden, hatte der Staat die Pflicht zum Insolvenzantrag bei Eintritt von Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit zeitweise ausgesetzt. Seit dem 1. Mai 2021 gilt die Insolvenzantragspflicht wieder in vollem Umfang. Ausnahmen gab es noch bis 31. Januar 2022 für Betriebe, die im vergangenen Sommer Schäden durch Starkregen oder Überflutungen erlitten hatten. Im vergangenen Jahr gab es so wenige Firmenpleiten wie noch nie seit Einführung der aktuellen Insolvenzordnung im Jahr 1999.
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