Nächster Schritt in Richtung eines digitalen Euro als Ergänzung zum Bargeld: Am 1. November soll eine zunächst auf zwei Jahre angelegte Vorbereitungsphase beginnen, wie der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) am Mittwoch beschloss. Nach Abschluss dieser Phase wollen die Euro-Währungshüter entscheiden, ob der Weg für die Einführung einer digitalen Variante der europäischen Gemeinschaftswährung geebnet wird. Dafür ist dann auch eine gesetzliche Grundlage für einen digitalen Euro auf EU-Ebene nötig.
In der nun beginnenden Phase werde «das Regelwerk für den digitalen Euro fertiggestellt und es werden Anbieter ausgewählt, die eine Plattform und die Infrastruktur für einen digitalen Euro entwickeln könnten», teilte die Notenbank in Frankfurt mit.
Seit geraumer Zeit laufen Vorbereitungen für eine digitale Variante der europäischen Gemeinschaftswährung. In den vergangenen beiden Jahren haben sich die Euro-Währungshüter schwerpunktmäßig mit Technologie und Datenschutz beschäftigt. Ende Juni 2023 hat die EU-Kommission Vorschläge für einen Rechtsrahmen vorgelegt: Der digitale Euro soll demnach gesetzliches Zahlungsmittel werden, Schein und Münze aber nicht ersetzen. Die Behörde in Brüssel will zugleich per Gesetz sicherstellen, dass Bargeld in der Europäischen Union weiterhin breit akzeptiert wird und gut verfügbar ist.
Einführung eines digitalen Euro erst in einigen Jahren
Nach Einschätzung von Bundesbank-Vorstand Burkhard Balz, der in das Projekt eingebunden ist, könnte es noch mindestens vier bis fünf Jahre dauern, bis ein digitaler Euro marktreif ist.
Banken könnten den digitalen Euro wie Bargeld von den Notenbanken beziehen. Verbraucher bekämen ihn in einer digitalen Geldbörse, einer sogenannten Wallet, gutgeschrieben und könnten in Sekundenschnelle rund um die Uhr zum Beispiel per Smartphone bezahlen – auch dann, wenn sie keine Internetverbindung haben.
US-Konkurrenz im Zahlungsmarkt Paroli bieten
Mit einem digitalen Euro wollen die Euro-Notenbanken privaten Anbietern vor allem aus den USA, die derzeit den Markt für digitale Zahlungen in Europa dominieren, ein europäisches digitales Bezahlangebot entgegensetzen.
«Die Menschen müssen beim digitalen Bezahlen unabhängiger werden von kommerziellen Interessen einer Handvoll internationaler Konzerne», argumentierte die Vorständin des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv), Ramona Pop. «Der digitale Euro kann dies liefern und den Zahlungsverkehr damit auf eine neue Stufe heben.»
Auch der Digitalverband Bitkom begrüßte die Bestrebungen der EZB, wie dessen Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder ausführte: «Ein digitaler Euro kann die Wettbewerbsfähigkeit und Souveränität Europas nachhaltig stärken.»
Nach Ansicht von Nils Beier, Geschäftsführer im Bereich Finanzdienstleistungen bei Accenture, wäre ein digitaler Euro für Verbraucher «ein einfaches, benutzerfreundliches Zahlungsmittel, welches in der gesamten Eurozone für alltägliche Bezahlvorgänge akzeptiert wird, und einen direkten und digitalen Zugang zu der sichersten Form des Bargelds – dem Zentralbankgeld» gewähren würde.
Die EZB würde wie beim Bargeld die Stabilität einer digitalen Variante der europäischen Gemeinschaftswährung garantieren. «Wir sehen einen digitalen Euro als eine digitale Form von Bargeld, mit der sämtliche digitalen Zahlungen kostenlos möglich sind und die die höchsten Datenschutzstandards erfüllt», erklärte EZB-Präsidentin Christine Lagarde.
Sorgen um Datenschutz
Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) als Dachverband der fünf großen Bankenverbände in Deutschland sieht die Arbeiten am digitalen Euro grundsätzlich positiv. Tanja Müller-Ziegler, Vorstandsmitglied des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), mahnte jedoch federführend für die DK: «Negative Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft müssen vermieden und der digitale Euro in der Bevölkerung breit akzeptiert werden.» Zudem müsse für den digitalen Euro ein gesetzlich verankertes Haltelimit im unteren dreistelligen Euro-Bereich gelten, um Risiken für die Finanzstabilität zu verhindern, forderte die DK.
Angesicht von Sorgen in Sachen Datenschutz versicherte Bundesbank-Vorstand Balz im Gespräch mit dem «Münchner Merkur» (Mittwoch), das Eurosystem werde keinen Zugriff auf individuelle Nutzerdaten erhalten: «Anders als manche Plattformanbieter im Internet haben wir ohnehin keinerlei kommerzielles Interesse an persönlichen Zahlungsdaten oder an der Weitergabe solcher Daten an Dritte. Der digitale Euro wird den Nutzerinnen und Nutzern ein Höchstmaß an Datenschutz bieten.»
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