23. November 2024

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Fitnessstudios hoffen auf bessere Zeiten

Schwitzen im Studio war jahrelang im Trend, 2019 feierte die Fitnessbranche ein Rekordjahr. Dann kam Corona - und die Studios blieben oft mal geschlossen. Nun glätten sich die Corona-Sorgenfalten in der Branche.

Deutschlands Fitnessstudios stehen vor einem Kraftakt. Ein Fünftel ihrer Mitglieder haben sie in Corona-Zeiten eingebüßt, ihr Umsatz brach nach Branchenangaben binnen zwei Jahren sogar um ein Drittel ein.

Bei der Kölner Fitnessmesse Fibo, die von Donnerstag bis Sonntag erstmals seit 2019 wieder mit Publikumsverkehr stattfindet, will die Branche ein Signal des Aufbruchs vermitteln. «Ich bin der festen Überzeugung, dass wir diese Krise überwinden werden und dass es keine Masse an Insolvenzen geben wird», sagt der Vize-Geschäftsführer des Branchenverbandes DSSV, Florian Kündgen. Mit dem DIFG hofft eine weitere Branchen-Organisation auf bessere Zeiten.

Den Optimismus begründet DSSV-Vizechef Kündgen mit ermutigenden Rückmeldungen diverser Firmen bei seinem Verband. Der Jahresauftakt sei wegen strenger Zugangsbeschränkungen («2G plus») zwar noch verhalten gewesen und das wichtige Januar-Neugeschäft schwach ausgefallen, sagt er. «Im Februar und im März wurde es aber besser: Die Zugangsregeln wurden gelockert und sind nun zum Glück ganz weggefallen.» Die Mitglieder kämen viel häufiger in die Studios als noch vor einigen Monaten. Auch die Zahl der Neuverträge ziehe an.

Deutschland hatte zum Jahreswechsel laut DSSV 9492 kommerziell betriebene Fitness- und Gesundheitsanlagen, im Jahr 2021 kamen die Betreiber auf einen Gesamtumsatz von 3,6 Milliarden Euro. Gut ein Drittel davon waren staatliche Corona-Hilfen. Die Zahl der Studios sank in Pandemiezeiten nur geringfügig – trotz Ebbe in der Kasse wollten die Betreiber nicht aufgeben und irgendwie durchhalten.

Denn langfristig ist die Perspektive gut, davon ist die Branche überzeugt. Das Gesundheitsbewusstsein in der Bevölkerung sei in den vergangenen zwei Jahren gestiegen und der Gang ins Studio habe bei vielen Bürgern einen höheren Stellenwert als vor Corona, sagt Verbandsvize Kündgen. «Die Menschen sind in der Pandemie körperbewusster geworden, das spielt uns in die Karten.»

Andere Branchenvertreter sehen es ähnlich. «Das Bewusstsein für das eigene Wohlbefinden und der Wille, sich für dessen Erhalt einzusetzen, wurde bei vielen durch die Pandemie noch einmal verstärkt», sagt eine Sprecherin von der Kette FitX. Und ein Sprecher von McFit ist der Ansicht, dass der Wunsch nach Sport bei vielen Menschen nach der Quarantäne-Erfahrung zugenommen habe. Beide Firmen vermelden ein verheißungsvolles erstes Jahresquartal.

Auch der Geschäftsführer von Fitness First Germany, Johannes Maßen, ist mit dem Quartal zufrieden, viele Mitglieder seien ins Gym zurückgekehrt und bei den Neuvertragszielen sei man gut gestartet. «Der notwendige „Erholungseffekt“ steht allerdings noch aus, damit die verloren gegangenen Mitglieder wieder kompensiert werden können.»

Kieser Training hat in Pandemiezeiten je nach Standort zwischen 13 und 17 Prozent der Kundschaft verloren. In den vergangenen acht Wochen sei es aber deutlich aufwärts gegangen, sagt Operativchef Patrik Meier. «Wir sehen schon jetzt, dass die Menschen trotz Heimübungen, trotz Online-Angeboten und Fitness-Apps mehr Probleme am Bewegungsapparat haben.» Gezieltes und gesundheitsorientiertes Krafttraining sei die Lösung, um Rücken- und Gelenkschmerzen vorzubeugen oder aktiv anzugehen. Die Kunden seien froh, endlich wieder im Studio trainieren zu können, sagt Meier.

Corona schob den Verkauf von Fitnessgeräten für daheim an, auch Online-Angebote waren stark nachgefragt. Hat sich ein Teil der Verbraucher daran gewöhnt und kommt nicht mehr zurück in die Studios – ist der Markt also kleiner geworden? Nicht nur Kieser Training, sondern auch andere Gym-Unternehmen geben sich bei so einer Frage betont gelassen und verneinen sie. Es mache einen Unterschied, ob man in einem Club von Trainerinnen und Trainern motiviert und unterstützt werde und Zugriff auf das passende Equipment habe – oder ob man allein zu Hause sei, heißt es zum Beispiel von Fitness First. Und der McFit-Sprecher sagt: «Weder Parkanlagen noch Homeworkouts können das Training in einem voll ausgestatteten Studio ersetzen.»

Die Studio-Kette FitX hat eine veränderte Motivation in ihrer Kundschaft ausgemacht. In einer Mitgliederumfrage gaben mehr als 60 Prozent der Befragten an, vor allem etwas für die Gesundheit tun zu wollen – der Prozentwert war deutlich höher als in früheren Umfragen, in denen Muskelaufbau oder Gewichtsverlust die Hauptmotivation waren.

Neben dem DSSV gibt es mit dem Deutschen Industrieverband für Fitness und Gesundheit (DIFG) noch ein zweites Branchensprachrohr – die beiden Verbände haben andere Schwerpunkte. Der DIFG-Vorsitzende Ralph Scholz spricht zwar ebenfalls von Aufschwung bei den Studios, er sieht die Branche aber noch in einer kritischen Phase. Der Kostenballast sei zum Beispiel wegen höherer Energiepreise deutlich größer geworden. Außerdem warnt er davor, dass die anziehende Inflation sich negativ auswirken könnte: «Wenn andere Alltagskosten steigen, könnten Verbraucher ins Grübeln kommen, ob sie den Monatsbeitrag für das Fitnessstudio noch bezahlen können.»

DSSV-Vertreter Kündgen sieht es anders: «Die Bereitschaft, in die eigene Fitness zu investieren, ist höher als früher – daher wird man jetzt nicht beim Fitness-Studio anfangen zu sparen.»

Von Wolf von Dewitz und Alexander Sturm, dpa