21. November 2024

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Frankfurter Geister-Flugsteig vier Jahre zu früh fertig

Zehn Jahre nach der letzten Terminal-Erweiterung ist am Frankfurter Flughafen ein neuer Flugsteig so gut wie fertig. Wegen der Corona-Flaute wird er aber auf Jahre nicht gebraucht.

Im nagelneuen Flugsteig G des Frankfurter Flughafens hat das große Testen begonnen. Die beauftragten Firmen überprüfen, ob ihre Einbauten funktionieren, all die Automatiktüren, Laufbänder, Gepäckförderanlagen, Lüft- und Heizsysteme, die ein moderner Flughafenbau so braucht.

«Baulich ist der Flugsteig fertig», sagt ein Sprecher des Flughafenbetreibers Fraport, der das Gebäude in wenigen Wochen übernehmen will – die behördlichen Abnahmen insbesondere zum Brandschutz vorausgesetzt.

Doch das erste Teilstück des neuen Frankfurter Terminals 3 kommt zur Unzeit. Passagiere werden das Gebäude noch auf Jahre nicht betreten können. War der Berliner Hauptstadtflughafen BER mit neun Jahren Verspätung ans Netz gegangen, kommt Flugsteig G in Frankfurt rund vier Jahre zu früh. Die Corona-Krise hat auch den größten deutschen Flughafen auf seinem scheinbar unaufhaltsamen Wachstumskurs heftig gebremst. Niemand braucht derzeit eine zusätzliche Kapazität von rund 5 Millionen Passagieren, wenn man im vergangenen Jahr rund 45 Millionen Gäste weniger hatte als im Rekordjahr 2019.

Schon lange geplant

Das dritte Passagier-Terminal im Süden des Geländes ist lange geplant, soll 4 Milliarden Euro kosten und ist wohl auch notwendig, wenn das seit 2011 erweiterte Vierbahnen-System des Flughafens voll ausgenutzt werden soll. Technisch möglich sind in Frankfurt laut Planfeststellung mehr als 700.000 Flugbewegungen, während 2021 gerade einmal 262.000 Starts und Landungen gezählt wurden. Die beiden existierenden Terminals waren 2019 bei rund 514.000 Flugbewegungen und 70,5 Millionen Passagieren deutlich überlastet mit vielen negativen Folgen für die Kunden.

Auf Druck neuer Anbieter wie der irischen Ryanair hatte Fraport 2018 entschieden, den zweiten Bauabschnitt des neuen Terminals vorzuziehen und bis 2022 den Flugsteig G fertigzustellen. So ist es gekommen: Mit zunächst 13 Gates, 22 Check-In-Schaltern und 9 Gebäudepositionen für die Jets können dort theoretisch bis zu fünf Millionen Gäste im Jahr abgefertigt werden. Allzu viel Komfort hätte sie zunächst nicht erwartet, denn «Pier G» ist vorerst weder an das Gepäcksystem noch an die flughafeneigene Passagier-Hochbahn angeschlossen. Die direkte Anreise ist vorläufig nur mit dem Auto oder Bus möglich, da auch eine S-Bahn-Station fehlt.

Billigflieger ziehen sich zurück

Das störte preisbewusste Kunden bislang kaum, aber die Pandemie hat auch das Geschäft der Billigflieger gebremst: Nach fünf Jahren gab Ryanair im Januar bekannt, sich zum Sommerflugplan 2022 komplett aus Frankfurt zurückzuziehen. Konkurrent Wizz Air landet schon länger nicht mehr am Main. Angelockt von zunächst abgesenkten Gebühren hatten die Iren bis zu zehn Flugzeuge am Rhein-Main-Flughafen stationiert und ihren benachbarten Hunsrück-Standort Hahn immer weiter gestutzt. Als Fraport nun zum Sommer die Start- und Landegebühren um 4,3 Prozent anhob, entschied sich Ryanair etwas überraschend für den vollständigen Rückzug vom Lufthansa-Drehkreuz.

Der muss aber nicht ewig währen, denn auf ihrem ehrgeizigen Wachstumskurs können die Iren auf das Millionen-Publikum aus dem wirtschaftsstarken Rhein-Main-Gebiet nicht dauerhaft verzichten. Und der Poker um die künftigen Konditionen am Flugsteig G hat längst begonnen. Diesen schätze er als «sehr effizientes Terminalgebäude» ein, sagte Ryanair-Manager Andreas Gruber nur wenige Tage nach Bekanntgabe des Rückzugs. Und gab zu erkennen, dass eine Rückkehr der Ryanair nach Frankfurt lediglich eine Frage des Preises ist.

Betreiber Fraport will den Flugsteig G nun erst gemeinsam mit dem restlichen Terminal 3 und den weiteren Flugsteigen H und J im Jahr 2026 eröffnen, wenn «nach Corona» wieder Vollbetrieb am Himmel herrscht. Bis dahin soll der Geister-Pier im sogenannten «ruhenden Betrieb» laufen, zu dem laut Fraport eine niedrige zweistellige Zahl an Personal notwendig ist. Zu den Kosten will sich der MDax-Konzern nicht äußern. Bei Bedarf könnte die tatsächliche Inbetriebnahme auch vorgezogen werden, allerdings nur mit einer Vorlaufzeit von etwa 12 Monaten. Diese Zeit bräuchte man, um die Abläufe mit Statisten zu überprüfen sowie die Läden zu vermieten und einzurichten.

Von Christian Ebner, dpa