Ein Streik der Lokführergewerkschaft GDL führt seit dem frühen Dienstagmorgen zu erheblichen Einschränkungen für Fahrgäste im Fern-, Regional- und S-Bahnverkehr der Deutschen Bahn.
«Es ist uns gelungen, im Fernverkehr trotz der kurzfristigen Streikankündigung der GDL wieder ein Grundangebot von rund 20 Prozent des üblichen Fahrplans anzubieten», sagte eine Bahnsprecherin. Im Regionalverkehr ist das Angebot je nach Region unterschiedlich. Fahrgäste werden gebeten, sich über die Auskunftskanäle der Bahn über ihre Verbindungen zu informieren.
«Wir werden am morgigen Mittwoch wieder sehr schnell zum Normalbetrieb übergehen und im Personenverkehr wieder das volle Programm für unsere Fahrgäste bieten», sagte Bahnsprecher Achim Stauß. Die Bahn appellierte an die GDL, künftige mögliche Streiks wieder mit mehr Vorlauf anzukündigen. Erst am Sonntagabend hatte die Gewerkschaft über den anstehenden Ausstand informiert. Mit solchen sogenannten Wellenstreiks – kürzere und kurzfristigere Arbeitskämpfe – will GDL-Chef Weselsky den Druck auf die Arbeitgeberseite erhöhen.
Die Bahn hatte am Montagabend versucht, den Streik im letzten Augenblick gerichtlich stoppen zu lassen. Sie scheiterte damit vor dem Arbeitsgericht in Frankfurt. «Das Gericht hat es zum wiederholten Male bestätigt: Die Streiks der GDL sind verhältnismäßig, zulässig, rechtmäßig und somit geeignet, die berechtigten Forderungen der Eisenbahnerinnen und Eisenbahner mittels Arbeitskampf weiterzuverfolgen», teilte Weselsky mit.
Berufungsverhandlung am Dienstag
Gleichwohl will die Bahn am Dienstag in Berufung gehen. Am Mittag sollen die Verhandlungen vor dem Landesarbeitsgericht Hessen beginnen. «Es ist unsere Pflicht, im Sinne der Kundinnen und Kunden wirklich alles zu tun, um diesen oder auch mögliche spätere Streiks zu stoppen und hier eine Gerichtsentscheidung auch in der Berufungsinstanz herbeizuführen», sagte Sprecher Stauß.
Sollte das Gericht im Sinne der Bahn entscheiden, wäre der Arbeitskampf zwar formal gestoppt. Die Auswirkungen für die Fahrgäste blieben am Dienstag aber bestehen. Wann eine Entscheidung fällt, war am Vormittag nicht absehbar.
Eine Annäherung hatte es auch vor dem Arbeitsgericht nicht gegeben. Die GDL fordert eine Verringerung der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden bis 2028 ohne finanzielle Einbußen. Die Bahn war bisher bereit, sich auf eine Absenkung auf 36 Stunden bei gleichem Lohn einzulassen. Einen entsprechenden Vorschlag hatten externe Vermittler in moderierten Verhandlungen als Kompromiss unterbreitet. Die Gewerkschaft lehnt das ab.
Abschlüsse mit Bahnrivalen
Sie verweist dabei auf Abschlüsse mit knapp 30 weiteren Eisenbahnunternehmen, bei denen sie ihre Forderung durchsetzen konnte. Diese Abschlüsse stehen allerdings unter dem Vorbehalt, dass auch der Branchenführer Deutsche Bahn der 35-Stunden-Woche zustimmt. Andernfalls werden die Tarifverträge bei den Wettbewerbern entsprechend angepasst.
Der Branchenverband Mofair, in dem die Konkurrenten der Bahn im Personenverkehr organisiert sind, wies am Montag zudem darauf hin, dass die eigenen Unternehmen angesichts der angespannten wirtschaftlichen Situation keine andere Wahl gehabt hätten, als sich auf die Forderungen der GDL einzulassen. «Jeder Streiktag bedeutet für die bestreikten Unternehmen massive wirtschaftliche Schäden, die sie nur wenige Tage tragen können», teilte Mofair mit. Daher seien die Abschlüsse mit der GDL alternativlos gewesen.
Die Wettbewerber der Bahn seien eingezwängt zwischen der Marktmacht der GDL und der fehlenden Unterstützung der Auftraggeber, betonte der Verband. Die 35-Stunden-Woche sei der falsche Weg, um den Arbeitskräftemangel der Branche anzugehen. «Sie würde den vorhandenen Mangel kurz- und mittelfristig drastisch verschärfen.»
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