21. November 2024

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Gericht hebt Beschränkungen für Einzelhandel in NRW auf

Ein Gericht stoppt die Begrenzung der Kundenzahl und die in vielen Geschäften geltende Pflicht zur Terminvereinbarung mit sofortiger Wirkung. Allerdings könnte die Freiheit von kurzer Dauer sein.

Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat die meisten im Zuge der Corona-Bekämpfung eingeführten Beschränkungen für den Einzelhandel in NRW aufgehoben.

Sowohl die Begrenzung der Kundenzahl, als auch die bei vielen Geschäften bestehende Pflicht zur Terminbuchung verstießen in ihrer derzeitigen Ausgestaltung gegen den verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, entschied das Gericht am Montag. Geklagt hatte eine Filiale des Elektronikhändlers Media Markt. Ein Unternehmenssprecher begrüßte das Urteil. «Wir setzten darauf, dass es auch über Nordrhein-Westfalen hinaus Signalwirkung hat», sagte er.

Allerdings zweifelte der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands NRW, Peter Achten, daran, dass sich die Verbraucher im bevölkerungsreichsten Bundesland lange an der wieder gewonnenen Einkaufsfreiheit erfreuen können – nicht nur weil Bund und Länder am Montag über neue Corona-Maßnahmen beraten. Auch das Land NRW werde wohl sehr schnell nachbessern und seine Corona-Verordnung den Bedenken des Gerichts anpassen. Das Gericht hatte ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Land auch kurzfristig eine Neuregelung treffen könne, wenn es dabei die Fehler der bisherigen Regelung vermeide.

Das Oberverwaltungsgericht Münster betonte in seiner Entscheidung, bei der Pandemiebekämpfung habe das Land durchaus einen Gestaltungsspielraum. So sei es zulässig, schrittweise zu lockern. Das Land habe es deshalb grundsätzlich für Geschäfte wie den Lebensmitteleinzelhandel bei den bisherigen Regelungen belassen dürfen, während für andere Betriebe vorläufig nur eine reduzierte Kundenzahl zugelassen werde.

Doch überschreite das Land seinen Spielraum, wo ein einleuchtender Grund für die Differenzierung fehle. Dies sei der Fall, soweit nunmehr auch Buchhandlungen, Schreibwarenläden und Gartenmärkte mit ihrem gesamten Sortiment unter vereinfachten Bedingungen – also etwa ohne Terminbuchungen – betrieben werden dürften, Modegeschäfte oder Elektronikketten jedoch nicht. Hier könne das Land kurzfristig eine Neuregelung treffen, die keine unzulässigen Differenzierungen enthalte, betonten die Richter.

Die von Media Markt geltend gemachten grundlegenden Bedenken an der Verhältnismäßigkeit der Beschränkungen für den Einzelhandel teilte der Senat nicht. Insbesondere sei die Beschränkung der Grundrechte der Einzelhändler angesichts der gravierenden Folgen, die ein erneuter unkontrollierter Anstieg der Neuansteckungen für Leben und Gesundheit vieler Menschen hätte, voraussichtlich gerechtfertigt.

Der Textil-Discounter Kik rechnet deshalb nicht mit gravierenden Veränderungen durch das Urteil. Kik-Chef Patrick Zahn sagte der Deutschen Presse-Agentur, das Unternehmen werde erst einmal gar nicht darauf reagieren. «Es wird doch heute ohnehin wieder alles geändert», meinte er. Das Urteil mache aber deutlich, wie kopflos und wie willkürlich die Entscheidungen zur Corona-Bekämpfung getroffen worden sein. Deshalb werde es wohl nach der Pandemie auch noch eine Klagewelle geben, in der der Handel Schadenersatz für die unangemessenen Schließungen fordern werde.

Media Markt ist nicht das einzige Unternehmen, das gegen die Corona-Verordnungen juristisch vorgeht. Im Gegenteil: Bei immer mehr Einzelhändlern in Deutschland endet nach Monaten des Lockdown die Geduld. So klagten vor dem OVG Münster auch die Textilketten P&C und Breuninger sowie die Baumarktkette Obi gegen die Corona-Auflagen. Und auch in anderen Bundesländern sehen sich die Verwaltungsgerichte mit einer Prozesswelle konfrontiert. Nicht immer gehen die Entscheidungen zugunsten der Landesregierungen aus.

Das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes etwa setzte bereits vor knapp zwei Wochen eine wesentliche Vorschrift zur Beschränkung des Einzelhandels vorläufig außer Vollzug. Auch dabei ging es um die Pflicht zur Terminbuchung und die Beschränkung auf einen Kunden pro 40 Quadratmeter, die derzeit in zahlreichen Geschäften gilt. Auch das Oberverwaltungsgericht des Saarlands sah darin eine Ungleichbehandlung gegenüber «privilegierten Geschäftslokalen» wie Buchhandlungen und Blumenläden.