Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat davor gewarnt, die Wiederaufnahme von russischen Gaslieferungen über die Pipeline Nord Stream 1 als Zeichen der Verlässlichkeit zu werten. Russlands Präsident Wladimir Putin nutze die Verfügbarkeit von Gas immer wieder strategisch, um Deutschland und Europa zu spalten, sagte der Grünen-Politiker am Donnerstagabend im ZDF-«heute journal». «Wir müssen akzeptieren, dass Putin diesen Gashebel gegen uns einsetzt», mahnte Habeck. Deutschland müsse sich daher Alternativen besorgen und sparsam sein.
Trotz gegenteiliger Befürchtungen in Deutschland hatte Russland am Donnerstag seine Gaslieferungen durch die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 nach einer Wartung wieder aufgenommen. Wie vor dem zehntägigen Stopp war der Durchfluss aber auf etwa 40 Prozent der Kapazität beschränkt. Russland begründet dies mit dem Fehlen einer Turbine, die aufgrund von Sanktionen zwischenzeitlich in Kanada festgehalten wurde, dann aber freigegeben wurde. Unklar ist, wo die Turbine derzeit ist.
Habeck nannte die Turbine ein «vorgeschobenes Argument» und «fadenscheiniges Spiel» Russlands. Die Gazprom-Gesellschaft habe genügend Turbinen. Diese eine Turbine werde nicht gebraucht. Schon vor der Wartung von Nord Stream 1 hätte die Leitung voll auf 100 Prozent gefahren werden können, sagte Habeck.
Inbetriebnahme würde Abhängigkeit erhöhen
Habeck wandte sich vehement gegen die Idee, die Ostseepipeline Nord Stream 2 in Betrieb zu nehmen. Auf diese fertiggestellte, aber bislang nicht für den Betrieb zugelassene und US-Sanktionen unterliegende Leitung hatte auch Putin verwiesen. Habeck sagte, eine Inbetriebnahme würde nichts ändern und die Abhängigkeit von russischem Gas noch erhöhen. Putin hätte dann auch sein Ziel erreicht, Sanktionen zu brechen. «Das wäre das Hissen der weißen Fahne in Deutschland und Europa. Das sollten wir auf keinen Fall tun.»
Der Wirtschaftsminister hob zudem den Zusammenhalt in Deutschland trotz hoher Energiepreise und Inflation hervor. «Wir sind ein starkes Land», sagte Habeck. Es gebe ein starkes Zusammenspiel zwischen Menschen, Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Politik. «Das wird Putin schon noch erleben, wie stark wir sind», sagte Habeck.
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