Das Handwerk in Deutschland erwartet ein schwieriges Jahr – mit Folgen auch für Verbraucherinnen und Verbraucher. «Handwerksleistungen werden teurer werden, weil sich die Kosten für die Betriebe an vielen Stellen erhöhen. Und Betriebe nehmen keinen Auftrag an, wenn sie einen Verlust erwirtschaften», sagte Jörg Dittrich, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH), der Deutschen Presse-Agentur.
«Die Zukunftsaussichten werden in allen Bereichen schlechter», sagte Dittrich. «Die Zuversicht, die notwendig ist, um die gigantischen Transformationsziele zu erreichen, die die Politik und wir uns gesetzt haben, die ist nicht mehr da.» Selbst die Sanitär-, Heizungs- und Klimabetriebe sagten, dass der Auftragsvorlauf kleiner geworden sei. «Vor einem halben Jahr hat es noch geheißen, wir haben nicht genügend Leute, die gesteckten Ziele und damit die Transformation zu schaffen.» Realität und Ziele drifteten auseinander.
Schwierige Lage am Bau
Die Zahl der Baugenehmigungen in Deutschland sinkt seit Monaten – teure Baumaterialien und stark gestiegene Zinsen bremsen. «Die Lage im Bau und ganz besonders im Wohnungsbau hat sich noch mal verschlechtert», sagte Dittrich. Die allermeisten Maßnahmen, die auf einem «Baugipfel» der Bundesregierung im September vereinbart worden seien, seien noch nicht umgesetzt. Es bestehe eine erhebliche Verunsicherung. «Der Wohnungsbau bricht derzeit zusammen und das droht auch andere Bereiche mit in die Tiefe zu ziehen. Wohnungen, die dringend gebraucht werden, werden nicht gebaut. Auch im Gewerbebau kommt es zu einem Investitionsaufschub.»
Folgen für Kunden
«Natürlich gehen eine Rezession in Deutschland, Inflation und Kostentreiber wie der sprunghaft höhere CO2-Preis auch am Handwerk nicht spurlos vorbei», sagte der Handwerkspräsident. Ein genereller Preisrückgang sei wegen der Gesamtgemengelage nicht in Sicht.
Es werde auch bei längeren Wartezeiten von Wochen oder Monaten bleiben. «Die Zeiten, in denen man große Aufträge vergeben hat und am nächsten Tag kam der Handwerker, weil es so viele Kapazitäten gab, gehören der Vergangenheit an. Ich halte das aber auch für keine Katastrophe, dass größere Investitionen wie eine Grundsanierung des Bades oder das Eindecken eines kompletten Dachs einen längeren Vorlauf haben.» Verbraucherinnen und Verbrauchern sollten beim Handwerk keine anderen Maßstäbe anlegen als an andere Branchen, wo es als selbstverständlich hingenommen wird, dass die Auslieferung von individuell georderten Produkten oft erst nach Wochen oder Monaten erfolgt. «Wichtig ist, dass bei Notsituationen die Handwerkerinnen und Handwerker kommen.»
Klare Erwartungen an Bundesregierung
Betriebe hätten Vertrauen in die Verlässlichkeit politischen Handelns verloren, machte Dittrich deutlich. Die Bundesregierung mache Ankündigungen, lasse denen dann aber zu wenige oder gar keine Taten folgen. «Das reicht einfach nicht. Der Kanzler sagt, wir wollen einen Deutschland-Pakt machen. Wo ist der eigentlich? Ein Bürokratieentlastungsgesetz war für dieses Jahr angekündigt worden. Wo ist denn der Kabinettsbeschluss dazu? Der Kanzler hat sich mit den Ministerpräsidenten getroffen und über Genehmigungs- und Planungsbeschleunigung gesprochen. Wo ist das alles in Gesetzestexte gegossen worden? Es bleibt bei zu vielen Ankündigungen.»
Betriebe wollten in Transformation und Modernisierung investieren. «Dann ist es aber auch die Pflicht der Politik zu schauen, ob und wie die Betriebe das auch tatsächlich stemmen können, ob deren Gesamtbelastung noch verkraftbar ist.» Doch die Realität aus Dittrichs Sicht sei: Die Gesamtbelastung durch Steuern, Abgaben und Dokumentationspflichten sei inzwischen weltrekordverdächtig. «Mein Eindruck ist, dass sich die Politik dessen immer noch nicht bewusst ist. Meine große Sorge ist, dass die Betriebe es eben absehbar nicht mehr richten können: Schon jetzt sehen wir aufgrund der multiplen Krisen und der bisherigen Politik, dass Investitionen und Kreditvergaben massiv zurückgehen.»
Die Bundesregierung mache erneut nur kleinere Reparaturen, aber an die notwendigen grundsätzlichen Reformen und Themen gehe sie nicht ran. Dittrich nannte eine bessere Bildung, eine grundlastfähige Energie und den Abbau von Bürokratie. «Wirtschaft und Standort müssen wieder in den Mittelpunkt gestellt werden und Priorität bei politischen Entscheidungen haben. Denn nur mit einer florierenden Wirtschaft lassen sich der Sozialstaat und die nötigen Investitionen in einen starken und wettbewerbsfähigen Standort finanzieren.»
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