Ein kräftiger Sprung bei den Energiepreisen hat die Inflation in Deutschland im Oktober weiter angeheizt.
Die Verbraucherpreise stiegen um 4,5 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag anhand vorläufiger Daten mitteilte. Eine Teuerungsrate von 4,5 Prozent hatte die Wiesbadener Behörde zuletzt im Oktober 1993 gemessen. Im September hatte die Inflation mit 4,1 Prozent bereits die Vier-Prozent-Marke überschritten.
Gegenüber dem Vormonat September kletterten die Verbraucherpreise im Oktober um 0,5 Prozent.
Eine höhere Inflation schwächt die Kaufkraft von Verbrauchern, weil sie sich für einen Euro dann weniger kaufen können als zuvor. Besonders tief in die Tasche greifen mussten die Menschen in Deutschland im Oktober den vorläufigen Daten zufolge für Energie, die sich innerhalb eines Jahres kräftig um 18,6 Prozent verteuerte. Der Preisauftrieb beschleunigte sich damit. Im September betrug der Anstieg noch 14,3 Prozent und im August 12,6 Prozent.
Steigende Energiepreise heizen die Inflation seit geraumer Zeit an. Zudem schlägt die Rücknahme der temporären Mehrwertsteuersenkung inzwischen voll durch. Seit Januar 2021 gelten wieder die regulären Mehrwertsteuersätze, Waren und Dienstleistungen werden also tendenziell wieder teurer. Hinzu kommen Materialmangel und Lieferengpässe sowie die Einführung der CO2-Abgabe. Seit Jahresbeginn sind 25 Euro je Tonne Kohlendioxid fällig, das beim Verbrennen von Diesel, Benzin, Heizöl und Erdgas entsteht.
Im Corona-Krisenjahr 2020 waren die Inflationsraten teilweise negativ. Mit der weltweiten Konjunkturerholung ist die Nachfrage nach Rohstoffen und Vorprodukten wie Halbleitern inzwischen deutlich gestiegen.
„Nachwehen der Pandemie“
«Ein maßgeblicher Teil des Anstiegs der letzten Monate ist vor allem durch die wirtschaftlichen Nachwehen der Pandemie bedingt und wird sich kommendes Jahr zurückbilden», argumentierte KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib. Nach Einschätzung von Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer könnte die Inflation im November sogar auf 5 Prozent steigen. «Nach der Jahreswende wird die Teuerungsrate wieder fallen, weil Sondereffekte wie der Wiederanstieg der Mehrwertsteuer wegfallen. Aber ich warne davor, die längerfristigen Inflationsrisiken kleinzureden.»
Die Inflation ist ein wichtiger Gradmesser für die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Die Notenbank strebt für den Währungsraum der 19 Länder eine jährliche Teuerungsrate von 2 Prozent an und ist zumindest zeitweise bereit, ein moderates Über- oder Unterschreiten dieser Marke zu akzeptieren. Aus Sicht der Notenbank ist der jetzige Anstieg der Inflation vorübergehend.
Europas Währungshüter hielten am Donnerstag daher an ihrem Kurs des billigen Geldes fest. Ein Ende des Zinstiefs im Euroraum ist vorerst nicht in Sicht. Der EZB-Rat beließ den Leitzins für den Währungsraum der 19 Staaten auf dem Rekordtief von null Prozent. Wie es mit den milliardenschweren Anleihenkäufen weitergeht, will der EZB-Rat erst im Dezember entscheiden.
Im gemeinsamen Währungsraum war die Teuerungsrate im September auf 3,4 Prozent geklettert. Das ist der höchste Stand seit 13 Jahren.
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