Die deutsche Wirtschaft steuert laut einer Umfrage des Ifo-Instituts trotz des Kriegs in der Ukraine und Problemen mit den Lieferketten nicht auf eine Rezession zu. Im Mai hat sich die Stimmung in den Unternehmen überraschend erneut aufgehellt.
Das Ifo-Geschäftsklima stieg im Vergleich zum April um 1,1 Punkte auf 93,0 Zähler, wie das Ifo-Institut in München nach einer Umfrage unter rund 9000 Firmen mitteilt.
Leichte Erholung seit März
Analysten wurden von der Entwicklung überrascht. Sie hatten im Schnitt mit einer Eintrübung auf 91,4 Punkte gerechnet. Im März war Deutschlands wichtigstes Konjunkturbarometer wegen des Einmarschs Russlands in die Ukraine eingebrochen und hat sich seitdem leicht erholt. Während sich die Einschätzung der aktuellen Lage im Mai spürbar verbesserte, wurden die Erwartungen an die künftigen Geschäfte von den befragten Unternehmen allerdings kaum besser eingeschätzt.
«Anzeichen für eine Rezession sind derzeit nicht sichtbar», kommentiert Ifo-Präsident Clemens Fuest das Ergebnis der Umfrage. Die deutsche Wirtschaft erweise sich trotz Inflationssorgen, Materialengpässen und Krieg in der Ukraine als robust. «Die Unternehmen waren vor allem merklich zufriedener mit den laufenden Geschäften», fügt Fuest hinzu. Die Erwartungen hätten sich hingegen kaum verändert, die Unternehmen blieben also weiter skeptisch.
Unterschiedliche Situation je nach Branche
Im Bereich Dienstleistungen zeigten sich die Unternehmen «merklich zufriedener» mit den laufenden Geschäften, heißt es in der Mitteilung des Ifo-Instituts. Dagegen fielen die Erwartungen der Dienstleister pessimistischer aus. Insbesondere Transport- und Logistikunternehmen machten sich Sorgen. Im Bauhauptgewerbe hat sich das Geschäftsklima nach dem Absturz im April wieder etwas erholt.
«Es ist vor allem der verbesserten Lageeinschätzung zu verdanken, dass das wichtigste deutsche Konjunkturbarometer im Mai zulegt», sagt Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. Die Bewertung der künftigen Geschäfte bleibe hingegen auf einem tiefen Niveau. Auf den zweiten Blick zeige sich daher, dass es «für die deutsche Wirtschaft bei Herbst- und Winterstimmung bleibt».
Experte sieht Stagnation kommen
Der Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer, sieht zwar in den Lockerungen der Corona-Beschränkungen und der kräftigen Erholung im Dienstleistungssektor ein Gegengewicht zur sinkenden Industrieproduktion. Die Aufhellung des Ifo-Geschäftsklimas sollte demnach aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Industrie weiter unter der Null-Corona-Politik Chinas sowie unter kriegsbedingten Lieferproblemen leiden dürfte. Krämer rechnet daher für das zweite Quartal mit einer Stagnation der deutschen Wirtschaft.
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