3. Dezember 2024

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Industriebetriebe spüren von mehr Krankmeldungen wenig

Industriebetriebe spüren von mehr Krankmeldungen wenig

Die Sorge vor der nächsten Corona-Welle wächst. Auch der Krankenstand steigt. Was bedeutet das für die Industrie im Land?

Neulich war Robert Friedmann beim Arzt. Der Chef des für Schrauben bekannten Konzerns Würth im schwäbischen Künzelsau habe gar nicht mehr im Kopf gehabt, dass dort noch immer Maskenpflicht herrscht. «Da musste ich erst mal zurück zum Auto», erzählt er.

Wie Friedmann dürfte es gerade vielen Deutschen gehen. Draußen Sonne satt, kaum Einschränkungen, das öffentliche Leben erinnert an die Zeit vor der Corona-Pandemie. Dabei verharren die Werte der Sieben-Tage-Inzidenz auf hohem Stand.

Legt Corona bald wieder die Wirtschaft lahm?

Krankenkassen melden mehr Krankmeldungen. Der Bundesvorsitzende des Deutschen Hausärzteverbandes sagte der dpa, die Hausärzte sähen aktuell viele Patientinnen und Patienten mit Covid-Erkrankungen, aber auch mit saisonal eigentlich untypischen grippalen Effekten oder Durchfallerkrankungen. Doch in der Industrie ist nach Angaben der Unternehmen noch nicht so viel zu spüren, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur ergab. Dennoch drängt sich die Frage auf: Legt Corona bald – schon wieder – die deutsche Wirtschaft lahm?

Die Zahl der Corona-Infektionen sei hoch und entsprechend auch die Krankenstände, sagte Hans-Jürgen Urban, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall. Doch wer mit dem Virus infiziert sei, habe am Arbeitsplatz nichts zu suchen. Das könne in einzelnen Betrieben zu Schwierigkeiten führen, aber: «Gesundheit muss Vorrang vor den Produktivitäts- und Gewinnerwartungen haben.»

Betriebliche Hygienekonzepte müssten beibehalten oder reaktiviert werden, auch wenn klare Vorgaben durch die Politik derzeit fehlten. «Mit Blick auf den Herbst ist jetzt die Zeit, um notwendige Vorkehrungen zu treffen – etwa durch Einbau oder Umrüstung von Lüftungsanlagen», sagte Urban.

Mobiles Arbeiten nicht immer möglich

Bei der unter anderem für ihre Dübel bekannten Unternehmensgruppe Fischer aus Waldachtal (Landkreis Freudenstadt) war der Krankenstand im ersten Halbjahr 2022 mit 4,9 Prozent fast zwei Prozentpunkte höher als im Vorjahreszeitraum. «Corona macht unserer Einschätzung nach einen Großteil der Erkrankungen und Ausfälle aus», erklärte der Vorsitzende der Geschäftsführung, Marc-Sven Mengis.

In den administrativen Bereichen arbeiteten Mitarbeitende bei milden Verläufen oft mobil. In der Produktion allerdings sei das nicht möglich. «Wir haben Kapazitätsprobleme in einigen Bereichen», räumte Mengis ein. Ferienjobber und Zeitarbeiter sollen diese überbrücken.

Der Autozulieferer PWO aus Oberkirch (Ortenaukreis) verzeichnet dieser Tage einen ähnlichen Krankenstand wie im Juli 2021. Im Vergleich zu 2020 und 2019 sei das aber knapp ein Drittel mehr, erklärte eine Sprecherin. «Ein erheblicher Teil unserer Krankenquote ist auf Covid zurückzuführen.» An einzelnen sogenannten Engpassmaschinen werde die Fertigung besonders sorgfältig gesteuert. Nach der Urlaubszeit rechnet das Unternehmen mit einem Anstieg des Krankenstandes.

Schutzmaßnahmen wirken

Das Gesundheitsunternehmen Fresenius berichtete, in den Werken der Dialysetochter Fresenius Medical Care und beim Flüssigmedizinanbieter Fresenius Kabi gebe es corona-bedingte Personalausfälle. Diese seien aber begrenzt und beeinträchtigten Produktion und Lieferfähigkeit «nicht nennenswert», so der Dax-Konzern. Er hatte in den vergangenen Jahren gerade in seinen Krankenhäusern heftig unter der Pandemie gelitten. Bei der Tochter Helios mit rund 90 Kliniken in Deutschland beobachte man nun wieder eine zunehmende Zahl von Corona-Infektionen, hieß es. «Sollten doch Operationen verschoben werden müssen, dann sind dies elektive, also medizinisch nicht dringend notwendige Eingriffe.»

Der Darmstädter Pharma- und Spezialchemiekonzern Merck verzeichnet unterdessen keine corona-bedingten Einschränkungen in seinen Werken. Er beobachtet zwar in der Belegschaft steigende Infektionszahlen, doch es sei dank Schutzmaßnahmen bisher gelungen, «Produktion und Lieferfähigkeit aufrecht zu erhalten». Der Dax-Konzern setzt weiter auf einen Basisschutz, darunter Maskenpflicht in Innenräumen bei Unterschreitung des Mindestabstands und Tests für Beschäftigte.

In Niedersachsen äußern sich die Arbeitgeber eher zurückhaltend. Der Auto- und Maschinenbauzulieferer Continental beispielsweise gab an, dass sich der gesamte Krankenstand in Deutschland im Konzern momentan «etwa auf Vorjahresniveau» bewegt. Die seit Beginn der Pandemie eingeführten Sicherheitsstandards, Schutzregeln und Hygienekonzepte bestünden weiter, man passe sie bei Bedarf auf Basis der Empfehlungen und Maßnahmen des Robert Koch-Instituts an. Krankheitsbedingte Personalausfälle würden «bereits bei der Personaleinsatzplanung berücksichtigt».

Rückkehr zur Maskenpflicht denkbar

Der Stahlerzeuger Salzgitter verzeichnete ebenfalls eine erneute Zunahme an Corona-Infektionen und Quarantäne-Anordnungen innerhalb der Belegschaften. Auf Basis einer vorausschauenden Einsatzplanung sei die Produktion sichergestellt. «Dank des Einsatzes und der Flexibilität der Mitarbeitenden sind wir gut gerüstet, die mit der Pandemie einhergehenden Herausforderungen zu managen», heißt es dort.

Auch bei Schraubenhersteller Würth gebe es einen leicht erhöhten Krankenstand, sagte Firmenchef Friedmann. Aktuell bereite ihm das noch keine Sorge, nur insofern, dass er sich frage: «Mensch, wie wird das denn, wenn es wieder kühler wird?» Sollte der Krankenstand spürbar steigen, werde Würth «natürlich wieder zurückkehren zur Maskenpflicht».

Von Robin Wille, dpa