Das Leben in Deutschland hat sich zuletzt extrem verteuert, eine schnelle Entspannung ist nach Einschätzung von Volkswirten trotz Entlastungsmaßnahmen der Bundesregierung vorerst nicht in Sicht.
Wie sich die Inflation im Juni in Europas größter Volkswirtschaft entwickelt hat, gibt das Statistische Bundesamt am Nachmittag in einer ersten Schätzung bekannt. Kräftige Preissteigerungen für Energie und Lebensmittel hatten die Teuerungsrate im Mai auf den höchsten Stand seit fast 50 Jahren getrieben. Die Verbraucherpreise lagen um 7,9 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats.
So hoch wie seit der Wiedervereinigung nicht
Inflationsraten auf dem derzeitigen Niveau gab es im wiedervereinigten Deutschland noch nie. In den alten Bundesländern gab es ähnlich hohe Werte im Winter 1973/1974. Damals waren die Mineralölpreise infolge der ersten Ölkrise stark gestiegen. Höhere Teuerungsraten schmälern die Kaufkraft von Verbraucherinnen und Verbrauchern, weil diese sich für einen Euro dann weniger leisten können.
Am meisten leiden einer Analyse zufolge Familien mit niedrigem Einkommen unter der hohen Teuerung. Während sich die Warenkörbe für die deutschen Haushalte insgesamt in den vergangenen zwölf Monaten im Schnitt um 7,9 Prozent verteuerten, mussten Familien mit niedrigem Einkommen für ihre typischen Einkäufe sogar 8,9 Prozent mehr zahlen. Zu diesem Ergebnis kam jüngst das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftlichen Hans-Böckler-Stiftung. «Der Preisanstieg bei Wohnenergie belastet Haushalte mit geringeren Einkommen überproportional und auch die Verteuerung der Nahrungsmittel schlägt sich stärker nieder», hieß es.
So sollen die Bürger entlastet werden
Die Bundesregierung versucht mit einem Steuernachlass beim Tanken, dem 9-Euro-Ticket, einer Energiepreispauschale im September/Oktober sowie weiteren Maßnahmen die Bürger zu entlasten. Bei der von Juni bis Ende August geltenden Steuerentlastung auf Kraftstoffe geht es inklusive Mehrwertsteuer um 35,2 Cent bei Superbenzin und 16,7 Cent bei Diesel. Nicht alles davon kommt bislang aber bei den Verbrauchern an: Nach Ansicht des ADAC sind die Kraftstoffe trotz jüngster Rückgänge weiter zu teuer.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will am 4. Juli in einer sogenannten Konzertierten Aktion zusammen mit Spitzenvertretern der Arbeitnehmer und Arbeitgeber darüber beraten, wie die Preisentwicklung in den Griff zu bekommen ist.
Ähnliche Beiträge
Die Bahn braucht Milliarden – Wo soll das Geld herkommen?
Weltkriegsbombe nahe Tesla-Werk erfolgreich gesprengt
Bundesregierung will Stromtrassen schneller ausbauen