24. November 2024

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Insolvenzantrag: Signas Immobilien-Sparte nun Sanierungsfall

René Benkos Immobilien- und Handelsimperium, zu dem auch Galeria Karstadt Kaufhof gehört, ist in höchster Not. Nach der Signa-Holding sind nun auch die Kern-Gesellschaften zahlungsunfähig.

Der Niedergang des Imperiums von Signa-Gründer René Benko erfasst nun auch die zentralen Bausteine der Immobilien-Sparte. Die Signa Prime Selection AG habe ein Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung beantragt, teilte eine Sprecherin des Handelsgerichts Wien mit.

Diesem Schritt werde die Signa Development Selection AG am Freitag folgen, hieß es ergänzend vom Unternehmen. «Ziel ist die geordnete Fortführung des operativen Geschäftsbetriebs im Rahmen der Eigenverwaltung und die nachhaltige Restrukturierung des Unternehmens.»

Laut dem Schutzverband Creditreform liegen die Forderungen der rund 300 Gläubiger der Signa Prime bei rund 4,5 Milliarden Euro. Dem stünde ein verwertbares Vermögen von etwa 1,3 Milliarden Euro gegenüber. Signa Prime und Signa Development haben zusammen 105 oft große Immobilien oder Entwicklungsprojekte in ihrem Portfolio.

Auswirkungen auf Warenhauskette Galeria unklar

Zu Signa Prime gehören auch 18 Immobilien der Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof (GKK). Was die angekündigte Insolvenzanmeldung für GKK selbst bedeutet, ist jedoch unklar. GKK selbst gehört zu einem anderen Signa-Tochterunternehmen, zur Signa Retail Selection AG. Sie hatte angekündigt, ihr Geschäft geordnet abzuwickeln – was einen Verkauf von GKK bedeutet.

Galeria betreibt aktuell noch 92 Warenhäuser und beschäftigt rund 15.500 Menschen. Deutschlands letzter großer Warenhauskonzern hatte Ende 2022 zum zweiten Mal Rettung in einem Schutzschirmverfahren suchen müssen. Signa hatte für die Sanierung 200 Millionen Euro zugesagt. Die ersten 50 Millionen sollen im Februar fließen.

Nach dpa-Informationen werden bei GKK derzeit mehrere Optionen geprüft. Mit gleich mehreren Interessenten werden demnach Gespräche über eine Übernahme des Unternehmens geführt. Unternehmenskreise schließen derzeit nicht aus, dass es trotz der Signa-Insolvenzen zu einer Zahlung der zugesagten 200 Millionen Euro kommt und es auch bei den Mietzahlungen für die 18 Signa-Immobilien noch Bewegung geben könnte. Derzeit zahlt GKK nach dpa-Informationen rund 180 Millionen Euro pro Jahr an Miete an Signa. Sollten die 200 Millionen Euro nicht fließen und kein Käufer gefunden werden, droht eine Insolvenz, obwohl das Unternehmen derzeit operativ schwarze Zahlen schreiben soll.

Zäsur für Benkos Gruppe

Nach dem Insolvenzantrag der Signa-Holding und anderer Gesellschaften des höchst verschachtelten Konzerns markiert die jüngste Maßnahme den bisher fundamentalsten Einschnitt. «Es ist der Weg von Sonnenschein-Unternehmen zum Sanierungsfall», wie ein Insider sagt. Signa war – beflügelt durch die lange Nullzinsphase – über viele Jahre enorm gewachsen. Der in Innsbruck geborene Benko hatte mit dem Kauf von Karstadt vor rund zehn Jahren auch den risikoreichen Einstieg in den stationären Handel gewagt.

«Trotz erheblicher Bemühungen in den vergangenen Wochen konnte die erforderliche Liquidität für eine außergerichtliche Restrukturierung nicht in ausreichendem Maße sichergestellt werden», heißt es in der Signa-Pressemitteilung weiter. Es gelte, langfristige Lösungen zu finden, sagte Erhard Grossnigg, Sprecher des Vorstandes der Signa Prime Selection AG. Die Qualität des Prime Portfolios sei hervorragend, die Entwicklungsperspektive der Development-Projekte, die in den Toplagen der deutschsprachigen Metropolen lägen, sei sehr gut.

KaDeWe und Elbtower gehören zu Signa Prime

Zur Signa Prime gehören Geschäftsimmobilien in Toplagen, darunter der Elbtower in Hamburg, das KaDeWe in Berlin und Kaufhausimmobilien der Kette Galeria Karstadt Kaufhof. Signa Prime baut und vermietet Immobilien. Für das Einzelhandelsgeschäft der Kaufhäuser sind andere Gesellschaften zuständig. Auch hier wird nach Angaben von informierten Kreisen versucht, mit Verhandlungen über angemessene Mietpreise den Geschäftsbetrieb fortzusetzen.

Der Weiterbau des Elbtowers in Hamburg, das aktuell wohl spektakulärste Projekt von Signa, ist nach Einschätzung informierter Kreise auf gutem Weg. Es werde mit einem Investor verhandelt, hieß es. Auch aus Sicht der Stadt Hamburg hat der Insolvenzantrag zunächst keine akuten Folgen für das Projekt. Die Stadt beobachte die Entwicklung jedoch genau, sagte ein Sprecher der Stadtentwicklungsbehörde der dpa.

Der Elbtower soll 245 Meter hoch werden und als dritthöchstes Gebäude in Deutschland unter anderem Büros, Geschäfte, Galerien, Restaurants beherbergen. Die Fertigstellung war bislang für 2025 geplant, an Gesamtkosten werden rund 950 Millionen Euro veranschlagt.

Insolvenzanträge deuteten sich an

Bereits vergangene Woche hatte Signa Development mit Hinweis auf ihre Liquiditätssituation einen Insolvenzantrag in Aussicht gestellt. Das Vorjahr beendete Signa Development mit einem Verlust von rund 316 Millionen Euro und Vorstandsprämien im Umfang von insgesamt 9 Millionen Euro.

Nach starkem Wachstum in der Niedrigzins-Phase kämpft das von Benko geschaffene Firmennetzwerk so wie die gesamte Immobilienbranche mit höheren Baukosten, Energiepreisen und Zinsen. Außerdem steht der stationäre Einzelhandel unter wirtschaftlichem Druck.

Andere Signa-Gesellschaften bereits zahlungsunfähig

Bereits im Oktober hatte die Online-Sportartikelsparte Insolvenz angemeldet. Danach gaben die Signa Holding sowie eine Reihe kleinerer Teil-Gesellschaften ihre Zahlungsunfähigkeit bekannt. Die Signa Retail Selection AG, mit Sitz in der Schweiz hat angekündigt, die Gesellschaft geordnet abzuwickeln. Signa Retail ist auch die Warenhausgruppe Galeria Karstadt Kaufhof zugeordnet, die damit zum Verkauf stehen dürfte.

Benko hatte es ohne Abitur zum Selfmade-Milliardär geschafft. Er hatte 1977 in Innsbruck damit begonnen, Dachböden zu sanieren. 2004 machte der damals 26-Jährige Schlagzeilen mit dem Ankauf eines Kaufhauses in Innsbruck, das danach vom britischen Stararchitekten David Chipperfield umgestaltet und in ein Shopping-Center verwandelt wurde. Dank finanzkräftiger Unterstützer wuchs seine Firmengruppe rasch.

Benko hatte hohe Ziele. «Signa soll eine europäische Industrie- und Beteiligungsholding im Familienbesitz sein. Ähnlich wie die Familienholdings der Agnellis, Oetkers oder Reimanns», sagte er 2018 dem österreichischen Magazin «Trend». Wie die Agnellis investierte Benko auch in Medien, wie die Oetkers setzte er auch auf Hotels. Außerdem investierte er in die Warenhausgruppe Galeria Karstadt Kaufhof und in den Online-Handel mit Sportartikeln. Doch die Galeria-Gruppe hat bereits zwei Sanierungsverfahren durchlaufen, die Sport-Sparte meldete im Oktober Insolvenz an, und die Medienbeteiligungen stehen vor dem Verkauf.

Von Matthias Röder und Albert Otti, dpa