Großer Prestige-Erfolg für den High-Tech-Standort Deutschland: Magdeburg erhält den Zuschlag für eine große Chipfabrik des US-Konzerns Intel, wie der weltgrößte Chiphersteller am Dienstag bekanntgab.
Insgesamt sollen demnach in den nächsten Jahren rund 80 Milliarden Euro investiert werden, um in Europa an mehreren Standorten ein «hochmodernes Halbleiter-Ökosystem der nächsten Generation» entstehen zu lassen. Die Politik jubelt über die Pläne und hofft, dass Deutschland damit zu einem führenden Standort in der Halbleiterproduktion aufsteigt.
Der größte Profiteur ist die Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt. «In der ersten Phase planen wir Investitionen in Höhe von 17 Milliarden Euro für die Errichtung von zwei brandneuen, einzigartigen Halbleiterfabriken in Magdeburg», sagte Intel-Chef Pat Gelsinger in einem Videostream. Für die kommenden Jahre sind dort bis zu sechs weitere Fabriken geplant. Außerdem will das US-Unternehmen in weitere Projekte etwa in den Bereichen Forschung, Entwicklung und Design in Europa investieren. Alle Standorte sollen mit erneuerbarer Energie versorgt werden.
Produktionsbeginn 2027
Spätestens im Frühjahr 2023 sollen die Bauarbeiten in Magdeburg beginnen. 2027 soll die Produktion starten. Das neu geschaffene Industriegebiet umfasst 450 Hektar – das entspricht der Fläche von rund 620 Fußballfeldern. Laut Intel könnten etwa 3000 High-Tech-Arbeitsplätze sowie Zehntausende zusätzliche Stellen bei Zulieferern entstehen. In Magdeburg will das Unternehmen zum einen Prozessoren und Grafikchips herstellen, die unter der eigenen Marke verkauft werden. Gleichzeitig will der kalifornische Konzern im Rahmen der Intel Foundry Services (IFS) auch als Auftragsfertiger für Drittkunden tätig sein.
Der Bund will die Ansiedlung finanziell unterstützen, eine Summe im Milliardenbereich sei möglich, hieß es aus dem Wirtschaftsministerium. Die Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP möchten Deutschland zu einem globalen Standort der Halbleiterindustrie machen. Die erste Produktionsstätte ihrer Art in der EU werde dazu beitragen, die globalen Siliziumkapazitäten wieder ins Gleichgewicht zu bringen und eine widerstandsfähigere Lieferkette zu schaffen, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sieht einen wichtigen Impuls für die Wirtschaft in einer schwierigen Zeit. Der deutsche Standort habe sich im europaweiten Auswahlprozess von Intel durchgesetzt, so Habeck weiter. «Das zeigt: Deutschland ist attraktiv für Innovationen und Investitionen.»
Wirtschaftliche Landkarte muss neu gemalt werden
Auch andere deutsche und europäische Standorte hatten sich beworben. Die Intel-Entscheidung sei «die größte Unternehmensinvestition in Ostdeutschland in den letzten Jahrzehnten», erklärte der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider. Diese Investition bedeute die Chance auf Reindustrialisierung. «Die wirtschaftliche Landkarte kann damit neu gezeichnet werden.»
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte in einer Videobotschaft, Ziel sei es, bis 2030 ein Fünftel der weltweiten Mikrochip-Produktion in Europa zu haben. In den Investitionen sieht sie einen ersten großen Erfolg, Europa zu einem führenden Standort in der Halbleiterproduktion zu machen.
Intel-Chef Gelsinger verwies darauf, dass der genaue Umfang der staatlichen Förderung derzeit noch vertraulich sei, aber zum geeigneten Zeitpunkt veröffentlicht werde. Dabei gehe es vor allem darum, die staatliche Förderung der Chipindustrie in Asien auszugleichen. «Die asiatischen Länder haben sich dafür eingesetzt, die Halbleiter-Industrien anzulocken.» Gleichzeitig sei die Chipindustrie in Europa geschrumpft. «Die staatlichen Beihilfen (in Europa) sollen nun das Gleichgewicht wiederherstellen und die europäischen Investitionen wieder wettbewerbsfähig machen.»
Für den Ministerpräsidenten wird ein Traum wahr
In Sachsen-Anhalt hat man sich sehr um Intel bemüht, wie Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sagte. «Dass es geklappt hat, ist ein wirklich gewordener Traum. Das ist die strategische Investition für die IT-Gesellschaft des 21. Jahrhunderts», so Haseloff. «Das wird über Jahrzehnte hinweg die wirtschaftliche Entwicklung, das Image und die Branchenstruktur unseres Bundeslandes prägen.»
Der einst unangefochtene Chipgigant Intel war die vergangenen Jahre stark unter Druck geraten. So ist der ehemalige Großkunde Apple auf eigene Chip-Entwicklungen umgestiegen und lässt seine Chips vom Auftragshersteller TSMC produzieren. Vom taiwanischen Konzern beziehen auch Intels wichtigste Konkurrenten ihre Chips, allen voran AMD und Nvidia. Außerdem hat Intel in den vergangenen Jahren weitgehend das Smartphone-Geschäft verpasst. Hier dominiert die Technik des britischen Chip-Designers ARM, die von Apple und fast allen Herstellern von Android-Smartphones verwendet wird. Gelsinger versucht den weltgrößten Chiphersteller nun durch ein enormes Investitionsprogramm auf Kurs zu bringen.
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