21. November 2024

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Johnson gegen günstige Arbeitskräfte aus dem Ausland

Der britische Premier erhofft sich durch den Fachkräftemangel im Land einen Schub für Gehälter und Produktivität. Doch die andauernde Krise droht den Parteitag der Konservativen zu überschatten.

Großbritanniens Premier Boris Johnson will trotz anhaltender Kraftstoffkrise die Einwanderungsregeln nicht lockern. Das sagte Johnson am Vorabend des Parteitagsauftakts seiner Konservativen am Sonntag in Manchester.

Weil es an Lastwagenfahrern fehlt, haben Autofahrer in Großbritannien derzeit große Schwierigkeiten an Benzin oder Diesel zu kommen. Vor den Tankstellen bilden sich lange Schlangen, an vielen ist auch gar nichts mehr zu bekommen. Die Kraftstoffkrise droht, die Tory-Konferenz zu überschatten.

«Was wir nicht wollen, ist zurückzukehren zu einer Situation, in der die Logistikbranche sich auf eine Menge Einwanderung günstiger Arbeitskräfte stützt», sagte Johnson beim Besuch eines Krankenhauses in Leeds am Samstag. Das habe nämlich zur Folge, «dass die Gehälter nicht steigen und die Qualität der Arbeitsplätze nicht zunimmt». Die britische Wirtschaft müsse ihre Abhängigkeit von schlecht bezahlten ausländischen Arbeitskräften beenden, um eine «gut bezahlte, gut ausgebildete, hochproduktive Volkswirtschaft» zu werden.

In Großbritannien fehlen derzeit Schätzungen zufolge etwa 100.000 Lastwagenfahrer. Das führte auch bereits zu leeren Regalen in Supermärkten. Auch in anderen Branchen, beispielsweise in der Fleischindustrie, gibt es einen erheblichen Mangel an Fachkräften. Arbeitnehmer aus den östlichen EU-Staaten sind seit dem Entschluss der Briten zum Austritt aus der Staatengemeinschaft in großer Zahl abgewandert.

Kurzfristig will London aber auf ausländische Fachkräfte zurückgreifen. Um den Kraftstoffmangel in den Griff zu bekommen, kündigte die Regierung am Samstag an, die Fristen für die bereits geplanten Arbeitsvisa zu verlängern. So sollen Visa für 300 Tanklastfahrer umgehend ausgestellt werden und bis März gelten.

Insgesamt sollen von Ende Oktober an 5000 ausländische Fernfahrer für eine befristete Dauer ins Land gelockt werden. Statt bis Weihnachten sollen sie nun bis Februar bleiben können. Ob das befristete Angebot bei polnischen und anderen osteuropäischen Fahrern auf Interesse stößt, wird von Verbänden auf dem Kontinent jedoch bezweifelt.

Bereits von Montag an sollen etwa 200 britische Militärangehörige, darunter 100 Lkw-Fahrer, beim Verteilen von Kraftstoff helfen. Die Regierung verschickte auch eine Million Briefe an Halter von Lkw-Führerscheinen mit der Aufforderung, in den Beruf der Fernfahrer zurückzukehren. Unter den Adressaten waren Berichten zufolge auch Tausende in Großbritannien lebende Deutsche, die ihren Auto-Führerschein vor dem Jahr 1999 gemacht hatten – aber niemals einen Lkw gesteuert hatten. Die damals ausgegebene Fahrerlaubnis der Klasse 3 gilt auch für kleinere Laster bis 7,5 Tonnen.