Im Konflikt um die Entlohnung der Hafenarbeiter an den großen deutschen Nordseehäfen ist weiterhin keine Einigung in Sicht. Damit droht Deutschlands größten Seehäfen abermals Stillstand – diesmal sogar für 48 Stunden. Die Gewerkschaft Verdi hat die Beschäftigten aufgefordert, am Donnerstagmorgen bis Samstagmorgen die Arbeit niederzulegen. Die Warnstreiks beträfen alle wichtigen Häfen an der Nordsee – also neben dem mit Abstand größten deutschen Seehafen Hamburg auch Bremerhaven, Bremen, Emden, Wilhelmshaven und Brake. Der Warnstreik soll an allen Standorten mit Beginn der Frühschicht beginnen, sagte Verdi-Verhandlungsführerin Maya Schwiegershausen-Güth am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur.
Zuvor war es dem Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) und Verdi auch in einer siebten, mehr als achtstündigen Verhandlungsrunde nicht gelungen, einen für beide Seiten akzeptablen Tarifkompromiss zu erzielen. Beide Seiten verhandeln für rund 12.000 Beschäftigte in 58 tarifgebundenen Betrieben in Hamburg, Niedersachsen und Bremen. Die Hafenarbeiter hatten bereits im Juni zweimal die Abfertigung von Schiffen lahmgelegt, zuletzt am 23. Juni für 24 Stunden.
Erhebliche Auswirkungen erwartet
Die Auswirkungen des Warnstreiks auf die Abfertigung der Container- und Frachtschiffe dürften erheblich sein und das Be- und Entladen der Schiffe weitgehend zum Erliegen bringen. Damit verschärft sich die ohnehin gespannte Lage mit einem Schiffsstau auf der Nordsee weiter und die Abläufe an den Kaikanten dürften noch weiter aus dem Tritt geraten. ZDS-Verhandlungsführerin Ulrike Riedel nannte den Streikaufruf angesichts der zulasten von Verbrauchern und Unternehmen gestörten Lieferketten «unverantwortlich».
Coronabedingt herrscht im globalen Verkehr von Container- und Frachtschiffen ohnehin schon lange großes Durcheinander. Nach jüngsten Berechnungen am Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW) stecken in der Nordsee mehr als zwei Prozent der globalen Frachtkapazität im Stau. Derzeit warten rund 20 Frachter auf Ankerplätzen in der Deutschen Bucht auf Abfertigung, die meisten mit Ziel Hamburg.
Verdi ist mit einem Forderungspaket angetreten, das nach eigener Aussage je nach Lohngruppe bis zu 14-prozentige Entgelterhöhungen bei einer Laufzeit von 12 Monaten bedeuten würde. Der ZDS hat nach mehrfachen Nachbesserungen zuletzt ein «finales Angebot» auf den Tisch gelegt, dass der Verband für Containerbetriebe mit einem Volumen von bis zu 12,5 Prozent beziffert, und für konventionelle Betriebe mit 9,6 Prozent, allerdings bei einer Laufzeit von 24 Monaten. Das Verdi-Forderungspaket wie auch das ZDS-Angebot umfasst mehrere Komponenten, die aus einer Erhöhung der Stundenlöhne, der Zulagen sowie Einmalzahlungen bestehen.
Besonders umstritten ist, wie es bei einer zweijährigen Laufzeit 2023 weitergehen soll. Verdi strebt Sonderkündigungsklauseln an, um den für das kommende Jahr angebotenen Erhöhungsschritt gegebenenfalls nachverhandeln zu können. Dazu hat der ZDS am Mittwoch nach eigener Aussage einen Kriterienkatalog vorgeschlagen, über den sich beide Seiten aber nicht einigen konnten.
Stundenlöhne sollen rückwirkend steigen
Im Detail sollen laut ZDS die Stundenlöhne rückwirkend ab Juni um 1,20 Euro (im Autoumschlag um 90 Cent) steigen. Die Zulage in Containerbetrieben soll um 1500 Euro beziehungsweise in konventionellen Betrieben um 750 Euro steigen. Zusätzlich sollen Beschäftigte in Containerbetrieben eine Einmalzahlung von 700 Euro erhalten. Ab Juni 2023 sollen nach ZDS-Vorstellungen die Stundenlöhne und Zulagen um weitere 3,1 Prozent steigen.
Verdi-Verhandlungsführerin Schwiegershausen-Güth kritisierte, das aktuelle Angebot sei «in der Betrachtung aller Komponenten noch immer ungenügend». Es verteile das Risiko der Preisentwicklung insbesondere im zweiten Jahr einseitig auf die Schultern der Beschäftigten. «Wir brauchen einen Tarifvertrag, der bessere Einkommen sichert, und das für die gesamte Laufzeit des Tarifvertrages.»
ZDS-Verhandlungsführerin Riedel rügte, Verdi beharre auf Maximalforderungen, während in vergleichbaren Branchen aktuell Tarifabschlüsse mit teilweise deutlich niedrigeren Konditionen abgeschlossen würden. Sie erneuerte die bislang von Verdi abgelehnte Forderung, «endlich einer Schlichtung zuzustimmen, damit wir zu einer Lösung kommen können».
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