21. November 2024

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Klimawende im Heizungskeller: Handwerk gegen strikte Verbote

Wärmepumpen sind die unumstrittenen Stars auf der Frankfurter Sanitär- und Klimamesse ISH. Aber Industrie und Handwerk wollen bei der Klimawende im Gebäudesektor lieber ohne Verbote auskommen.

In der Diskussion um die Wärmewende haben sich Installateur-Handwerk und Heizungsindustrie gegen strikte Verbote neuer Gas- und Ölheizungen ausgesprochen. Unmittelbar vor Eröffnung der Weltleitmesse ISH in Frankfurt (13.-17.März) wurde deutlich, dass die Branche ein allzu forsches Vorgehen der Ampel-Koalition kritisch sehen würde. Die bisher auf dem Tisch liegenden und in der Koalition umstrittenen Vorschläge halten die Experten für unausgegoren.

Die Politik müsse sich bei der Heizwende an den Realitäten des Marktes orientieren und von den Endkunden ausgehen, sagte der Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Sanitär Heizung Klima, Helmut Bramann. Der Handwerksvertreter kritisierte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne): «Es gelingt eine Klimawende eher nicht mit einem Fingerschnipsen am Kabinettstisch.» Auch die Heizungsindustrie zeigte sich unzufrieden mit dem inoffiziellen Entwurf. Er vermisse die Gleichbehandlung anderer erneuerbarer Energieträger wie Holz oder Bio-Gas, sagte Hauptgeschäftsführer Markus Staudt vom Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH).

Heizungsaustausch könnte Jahrzehnte dauern

Hintergrund ist die Diskussion über einen Gesetzentwurf, der für den Einbau neuer Heizungen ab 2024 verschärfte Regeln vorsieht. Nach einer Übereinkunft der Koalition aus dem Frühjahr 2022 soll von 2024 an möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Dies könnte auf ein De-facto-Verbot neuer Verbrennerheizungen hinauslaufen. Die für viele Eigentümer und Mieter wichtigen Details für Übergang und Betriebsfristen sind aber noch nicht festgelegt.

Die Heizwende ist eine gigantische Aufgabe, vor der Hausbesitzer, Staat, Industrie und Handwerk stehen. «Wir können 21 Millionen Heizungen sicher nicht auf einen Schlag austauschen», sagte Industrievertreter Staudt. Im vergangenen Jahr waren es unter größten Anstrengungen knapp eine Million neue Wärmeerzeuger, Anlagen in Neubauten eingeschlossen. Im Vergleich zu den Altheizungen werden damit rund 2 Millionen Tonnen CO2 im Jahr eingespart, wie eine Studie des Instituts für technische Gebäudeausrüstung Dresden zeigt.

Der Haken: Mit fast 600.000 Einheiten stellten die Gasheizungen trotz eines Rückgangs um 8 Prozent immer noch den Löwenanteil. Selbst die verpönte Ölheizung erlebte eine Art Torschluss-Run mit einer Steigerung um 25 Prozent auf 56.500 Geräte. Wärmepumpen erreichten mit einem Plus um 53 Prozent auf 236.000 Geräte zwar den größten Zuwachs, und die Industrie verspricht für nächstes Jahr 500.000 Einheiten. Für einen kompletten Jahresbedarf reicht das aber bei weitem nicht. Andere alternative und nachhaltige Wärmeerzeuger wie Biomasse-Öfen erreichten mit 89.000 Einheiten einen Marktanteil von 9 Prozent und dürften bei der Klimawende in Gebäuden nur eine nachgeordnete Rolle spielen.

Beim Renovieren ist eine Wärmepumpe nicht immer gefragt

Anders als beim Neubau sind Wärmepumpen im Gebäudebestand auch keine Selbstläufer. Kaum isolierte Außenhüllen und kleine Heizkörper sind schlechte Voraussetzungen für die strombetriebenen Wärmepumpen, die deutlich geringere Vorlauftemperaturen schaffen als herkömmliche Verbrenner. In engen Siedlungen gilt es zudem, konfliktfreie Standorte für die Außengeräte zu finden, die laut Bosch Geräusche zwischen 30 und 50 Dezibel verursachen können. Besitzer älterer Immobilien zittern vor unübersehbaren Investitionen, wenn beispielsweise statt einer einfachen Gasheizung auf einmal das Dach neu gedämmt werden muss und zusätzlich eine teure Wärmepumpe samt Stromspeicher und Photovoltaik auf der Liste stehen.

Die Hersteller setzen voll auf die Wärmepumpe, wie auf der Messe deutlich wird. Viessmann aus Nordhessen beispielsweise investiert eine runde Milliarde Euro, baut gerade ein neues Werk für Außengeräte im polnischen Legnica und stellt im heimischen Allendorf alte Gas-Produktionslinien auf die neue Technik um. «Wir wollen unsere Fertigungskapazitäten für Wärmepumpen bis 2025 versiebenfachen», sagt Thomas Heim, Chef des Viessmann-Geschäftsbereichs Climate Solutions.

Trotz aller Investitionen sind die Lieferzeiten für Wärmepumpen bei den meisten Herstellern noch lang, besonders bei Wasserspeichern klemmt der Nachschub gewaltig. Trotzdem haben Installationsbetriebe wie der von Uwe Loth in Vellmar bei Kassel bereits seit vielen Monaten alle Hände voll zu tun. «Ich muss darauf achten, meine Leute nicht zu überlasten», sagt der hessische Landesinnungsmeister.

Droht ein Fachkräftemangel?

Im Moment haben die Betriebe besonders viele Aufträge für konventionelle Gas- und Ölheizungen, weil viele Eigentümer schnell noch kostengünstigere Lösungen suchen. Aber auch die Nachfrage nach Wärmepumpen steigt beständig, so dass Meister Loth fürchtet: «Wenn die Industrie erst einmal so richtig liefern kann, könnte es bei uns knapp werden.» Das Ziel, bis 2030 in Deutschland 6 Millionen Wärmepumpen betriebsbereit zu haben, hält Loth für unrealistisch. Der Handwerks-Zentralverband schätzte im vergangenen Jahr, dass 60.000 Monteure und 26.000 kaufmännische Angestellte fehlen.

Für den deutschen Gebäudebestand gebe es keine einheitliche Lösung, mahnte Timm Kehler vom Lobby-Verein «Zukunft Gas», der moderne Gasheizungen als Teil der Lösung begreift. Mindestens die Hälfte der Gebäude hierzulande sei nicht auf dem Stand, dass Wärmepumpen eingebaut werden könnten. Habecks Gesetzentwurf sei zu scharf, weil «hunderttausende Immobilienbesitzer in erhebliche Mehrinvestitionen getrieben oder mangels Handwerker oder technischer Lösungen vor unlösbare Aufgaben gestellt würden.» Die hohen Anforderungen führten dazu, dass Modernisierungen zum Luxus werden und mehr als 500 000 Gasheizungen im Jahr repariert und nicht modernisiert würden. So bleibe man in der Vergangenheit eingeschlossen, statt einen wirksamen Aufbruch zum klimaneutralen Wohnen zu schaffen.

Von Christian Ebner, dpa