Angesichts der schwachen Konjunktur in Deutschland wird der Ruf nach Soforthilfen der Bundesregierung lauter. Mit neuen Zahlen zur getrübten Verbraucherstimmung und einer geschrumpften Industrieproduktion bekommt die Debatte um ein staatliches Programm zur Ankurbelung der Wirtschaft neue Nahrung. Forderungen aus der Union wies die FDP heute aber zurück.
«Nicht kurzfristige Konjunkturprogramme sind jetzt gefragt, sondern ein strategisches Konzept, das Bürokratieabbau, niedrige Steuern und eine Steigerung von privaten Investitionen beinhaltet», sagte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai der «Funke Mediengruppe». Es brauche «mehr Anreize für private Investitionen, mehr Innovationen und weniger Staatsinterventionismus in Form von Subventionen oder Transferleistungen».
Zurückhaltend äußerte sich auch die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Verena Hubertz. «Das beste Rezept ist und bleibt eine aktive Industriepolitik, die die Wirtschaft beim notwendigen Umbau und auf dem Weg aus der Krise unterstützt», sagte sie der «Bild»-Zeitung (Montag). «Rufe nach Konjunkturprogrammen sind viel zu leicht gedacht und lösen nicht unser Problem.» Der richtige Ansatzpunkt seien die Bedingungen für die Wirtschaft, so Hubertz. «Wir brauchen einen robusten Transformationsrahmen, der Investitionen in neue Technologien und zentrale Infrastruktur – ob Strom, Daten und Verkehr – ankurbelt, Unsicherheiten reduziert und Bürokratie senkt.»
Erwartungen des IWF für Deutschland
Die deutsche Konjunktur steckt in der Flaute. Der Internationale Währungsfonds erwartet, dass Deutschland die einzige Volkswirtschaft unter mehr als 20 untersuchten Staaten und Regionen ist, in der die Wirtschaftsleistung dieses Jahr leicht sinken wird. Finanzminister Christian Lindner (FDP) hat knapp 50 steuerpolitische Maßnahmen vorgeschlagen, die die Wirtschaft entlasten sollen, das «Wachstumschancengesetz». Wirtschaftsverbände warnen vor einer schleichenden Deindustrialisierung, da Unternehmen etwa wegen hoher Energiekosten ihre Produktion ins Ausland verlagern könnten. Bauministerin Klara Geywitz (SPD) brachte Steueranreize zur Ankurbelung des Wohnungsbaus ins Gespräch.
Forderungen nach einem Konjunkturprogramm kamen unter anderem von CSU-Chef Markus Söder. «Die Wirtschaft im Ausland wächst und Deutschland fällt immer weiter zurück. Die Probleme sind also hausgemacht», sagte er der «Bild am Sonntag». «Die Ampel muss jetzt ein Sofortprogramm für die Wirtschaft auflegen». Es werde Zeit, dass Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Wirtschaftskrise zur «Chefsache» mache. Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz rief die Ampel-Koalition dazu auf, mit der Union im Bundestag für eine Senkung der Stromsteuer und der Netzentgelte zu stimmen.
Schlechte Vorboten für die Konjunktur
Grünen-Chefin Ricarda Lang hatte am Wochenende baldige Schritte gegen die Konjunkturflaute in Aussicht gestellt. Sie sprach sich erneut für eine «Investitionsagenda» mit Investitionen in Bahn, Kitas und Digitalisierung aus sowie für Anreize für internationale Unternehmen, ihre Standorte in Deutschland anzusiedeln oder auszubauen.
Schlechte Vorboten für die Konjunktur sahen Ökonomen heute in neuen Daten zur Industrieproduktion. Im Juni sank die Herstellung überraschend stark um 1,5 Prozent, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilte. «Das Minus im Juni gibt einen Vorgeschmack auf die schlechten Produktionszahlen, die sich für die kommenden Monate abzeichnen», sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Die deutsche Wirtschaft dürfte im zweiten Halbjahr erneut schrumpfen. «Hohe Energiepreise, steigende Zinsen, Fachkräftemangel gepaart mit einer lahmen Weltkonjunktur bremsen die Industrie weiterhin», urteilte auch DIHK-Konjunkturexperte Jupp Zenzen. «Auch die zweite Jahreshälfte droht schwierig für Industrie und Bau zu werden.»
Die Stimmung der Verbraucher verharre auf niedrigem Niveau, hieß es am Montag im monatlichen Konsumbarometer des Handelsverbands Deutschland (HDE). «Der Konsum wird auf absehbare Zeit keine große Stütze für die Konjunktur sein.» Wegen der Konjunkturflaute sei der Stillstand aber positiv zu sehen. Die Verbraucher gäben sich im August «weiter unbeeindruckt» von der Schwächephase.
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