Frauen haben in Deutschland auch im vergangenen Jahr durchschnittlich weniger verdient als Männer. Die Einkommenslücke, der sogenannte Gender Pay Gap, blieb im Vergleich zum Vorjahr mit 18 Prozent unverändert. Das hat das Statistische Bundesamt berechnet.
Frauen erhielten nach Angaben der Wiesbadener Behörde vom Montag mit durchschnittlich 19,12 Euro brutto pro Stunde 4,08 Euro weniger als Männer (23,20 Euro). Ein Jahr zuvor hatte die Differenz 4,16 Euro betragen. Langfristig betrachtet schrumpft die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern: Im Jahr 2006 verdienten Frauen in Deutschland demnach im Schnitt noch 23 Prozent weniger als Männer.
Anlass für die Veröffentlichung der Zahlen ist der Equal Pay Day. Der bundesweite Aktionstag findet jedes Jahr an dem Tag statt, bis zu dem Frauen angesichts der Lohnlücke von 18 Prozent im Schnitt theoretisch umsonst arbeiten. Immerhin: Nach dem 10. März im Jahr 2021 findet er 2022 drei Tage früher statt – und damit zum ersten Mal vor dem Internationalen Frauentag am 8. März. «Es geht voran, gerade wenn man sich die letzten drei Jahre anschaut», sagt Uta Zech, Präsidentin des Verbands Business and Professional Women (BPW) Germany, der den Equal Pay Day veranstaltet. «Aber es ist natürlich zu langsam.»
Kurzarbeit hat kleinen Effekt
Die Corona-Pandemie habe kaum Auswirkungen auf die Lohnlücke gehabt, sagt Zech – und wenn, dann eher keine positiven. «Es gibt zum Beispiel den Effekt, dass die Löhne von Männern durch Kurzarbeit weniger gestiegen sind», erklärt sie. Dadurch schrumpfe statistisch gesehen die Lohnlücke. «Aber es geht ja nicht darum, dass Männer weniger verdienen sollen – es geht darum, dass die Vorschullehrerin so bezahlt wird wie der Elektroingenieur.»
Der Großteil (71 Prozent) des Verdienstunterschieds zwischen den Geschlechtern hat strukturelle Gründe – etwa den, dass Frauen seltener Führungspositionen erreichen. Positive Signale gibt es in dieser Hinsicht aus der ersten Liga der deutschen Wirtschaft: Nach aktuellen Zahlen der Allbright-Stiftung ist der Frauenanteil in den Vorständen der Dax-Unternehmen zuletzt kräftig gestiegen – von 17,4 Prozent im September 2021 auf 19,8 Prozent Anfang März. Im MDax und SDax gab es dagegen kaum Bewegung.
Seit August 2021 gilt für die Vorstände großer Firmen eine Frauenquote. In börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Unternehmen mit mehr als 2000 Beschäftigten und mehr als drei Vorstandsmitgliedern bei Neubesetzungen muss seitdem mindestens eine Managerin in dem Gremium sitzen.
Quote im Mittelstand nicht verbessert
Die Hoffnung, dies könnte auch den Einzug von Frauen in die mittelständischen Chefetagen beflügeln, ist bislang aber unerfüllt geblieben, wie es in einer Studie der Förderbank KfW heißt. In den Topetagen mittelständischer Firmen sei der Frauenanteil nach einem kurzen Zwischenhoch 2020 im vergangenen Jahr wieder gesunken. Von den rund 3,8 Millionen kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland wurden demnach 608.000 Firmen von Frauen geführt. Ein Jahr zuvor waren es noch 638.000.
Eine Untersuchung der Auskunftei Schufa, die im Februar 4,5 Millionen Firmen aus ihrem Datenbestand auswertete, fand lediglich in 26,4 Prozent der untersuchten Firmen mindestens eine Managerin in der Topetage – zum Beispiel im Vorstand, in der Geschäftsführung oder als Inhaberin. Frauen würden dabei eher ihre eigene Chefin, als zum Beispiel eine Führungsposition in einer GmbH zu erreichen.
«Wenn es mehr Frauen in Führungspositionen gibt, hat das durchaus Auswirkungen auf den Gender Pay Gap», sagt Ute Zech. Das liege nicht nur daran, dass Frauen in Führungspositionen mehr verdienen. Frauen würden auch eher dafür sorgen, dass sich eine Unternehmenskultur in Sachen Gleichberechtigung verbessert – etwa dadurch, Führung und Weiterbildung auch in Teilzeit zu ermöglichen oder Erwerbsunterbrechungen aus familiären Gründen ohne Gehaltseinbußen möglich zu machen.
Zu wenig Wertschätzung für typische Frauenberufe?
Ein weiterer struktureller Grund für den Gender Pay Gap ist, dass Frauen häufiger als Männer in schlecht bezahlten Branchen und Berufen sowie häufiger in Teilzeit oder in Minijobs arbeiten. «Wir bezahlen typische Frauenberufe als Gesellschaft einfach schlechter als Männerberufe», sagt Zech.
An dieser Stelle setzt die Politik große Hoffnungen auf die angekündigte Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro pro Stunde. Davon profitierten vor allem Frauen, teilte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) am Sonntag im Vorfeld von Equal Pay Day und Frauentag mit.
Gewerkschaften kritisierten aber die geplante Erhöhung der Verdienstgrenze für Minijobs: Zeitgleich mit der Erhöhung des Mindestlohns soll sie von 450 auf 520 Euro steigen. Damit konterkariere die Regierung ihre Gleichberechtigungs-Ambitionen, sagte Rainer Hoffmann, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB). «Statt Minijobs zurückzudrängen, wird so ein hochproblematisches Beschäftigungsverhältnis ausgeweitet.»
Auch das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung in Düsseldorf hatte Anfang März die Erhöhung der Minijob-Obergrenze als «falsche Richtung» kritisiert. Das Konzept der Beschäftigungsform setze Anreize, die es für viele Minijobberinnen und -jobber kurzfristig unattraktiv mache, die Beschäftigung ausweiten, hieß es – mit negativen Auswirkungen etwa für die Alterssicherung, insbesondere bei verheirateten Frauen.
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