Die Mietpreisbremse soll Mieterinnen und Mieter in teuren und begehrten Wohnlagen vor Wucher-Mieten schützen. Aber gleich in mehreren Bundesländern haperte es bei der Umsetzung – zum Nachteil der Mieter.
Muss der Staat ihnen den finanziellen Schaden ersetzen? Das klären am Donnerstag die obersten Zivilrichter des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe. (Az. III ZR 25/20)
Wie funktioniert die Mietpreisbremse?
Seit Juni 2015 können die Landesregierungen zeitlich befristet «Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten» ausweisen. Dort dürfen Vermieter, wenn neue Mieter einziehen, nur noch maximal zehn Prozent mehr als die sogenannte ortsübliche Vergleichsmiete verlangen. Maßstab ist der jeweilige Mietspiegel. Es gibt aber Ausnahmen, zum Beispiel bei neu gebauten oder modernisierten Wohnungen oder wenn der Vorgänger-Mieter bisher auch schon mehr gezahlt hat.
Was bedeutet das für die Mieter?
Vermieter müssen sich in den ausgewiesenen Gebieten an die Obergrenze halten. Trotzdem kann es Mietern passieren, dass zu viel verlangt wird und sie die Absenkung der Miete erst durchsetzen müssen, teilweise sogar vor Gericht. Dafür müssen sie den Vermieter nach Einzug so schnell wie möglich rügen. Erst bei seit April 2020 geschlossenen Verträgen kann zu viel gezahlte Miete unter bestimmten Bedingungen auch für frühere Monate zurückgefordert werden.
Warum gibt es in einigen Bundesländern Probleme?
Das Gesetz sieht ausdrücklich vor, dass die Länder ihre Mietpreisbremsen-Verordnungen begründen müssen und nennt auch die zentralen Punkte. Das hat nicht überall geklappt. Gerichte haben inzwischen die ursprünglichen Verordnungen in Bayern, Hamburg, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Hessen, Brandenburg und Niedersachsen kassiert. Die hessische Verordnung, um die es jetzt in Karlsruhe geht, scheiterte daran, dass zunächst nur ein Entwurf und nicht die offizielle Begründung veröffentlicht wurde. Auch der BGH hat die Verordnung deshalb 2019 für unwirksam erklärt.
Welche Folgen hat das für die Mieter?
Solange es keine gültige Verordnung gibt, können sich Mieter nicht auf die Mietpreisbremse berufen. In dem Fall wehrten sich Mieter aus Frankfurt deshalb vergeblich gegen eine zu hohe Miete. Sie hatten sich beim Einzug Anfang 2017 für ihre 67-Quadratmeter-Wohnung auf eine Kaltmiete von 11,50 Euro pro Quadratmeter eingelassen. Ortsüblich waren damals 7,45 Euro/Quadratmeter. Die neue Verordnung nützt ihnen nichts. Denn die Mietpreisbremse greift nur beim Einzug.
Worum geht es jetzt?
Um die Frage, ob solche Mieter auf ihrem Schaden sitzenbleiben oder der Staat dafür aufkommen muss. Der Rechtsdienstleister Conny GmbH (früher Wenigermiete.de), der mit Hilfe eines Internet-Rechners Forderungen gegen Vermieter prüft und eintreibt und auch im Namen der Frankfurter Mieter geklagt hat, will dazu in Karlsruhe ein Grundsatz-Urteil erstreiten. Gründer und Geschäftsführer Daniel Halmer wirft den Behörden vor, schlampig gearbeitet zu haben. «Millionen von Bürgern zahlen deshalb viel zu viel Miete.»
Worauf zielt die Klage ab?
Halmer will erreichen, dass die Länder betroffenen Mietern die zu viel bezahlte Miete erstatten müssen – vom Einzug bis zum Auszug. Im Schnitt könnten Mieter mit der Mietpreisbremse jeden Monat 150 bis 200 Euro sparen, sagt er. «Über alle Länder hinweg sind das schnell Milliardenbeträge.» Inwieweit ein BGH-Urteil zu Hessen übertragbar wäre, müsste sich allerdings erst noch zeigen. Laut Halmer sind die Fehler vergleichbar, im Detail gibt es aber Unterschiede.
Wie aussichtsreich ist das?
Am Landgericht und Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt hatte die Klage keinen Erfolg. Die OLG-Richter sahen keine Amtspflicht gegenüber konkreten Einzelpersonen verletzt. Die Verordnung richte sich an alle Mieter und Vermieter in einem bestimmten Gebiet. Es gebe auch «kein Grundrecht auf Anmietung einer Wohnung zu einem das ortsübliche Niveau nicht oder nur wenig überschreitenden Preis». Die Mieter hätten sich zwar möglicherweise auf die Mietpreisbremse verlassen. Gegen die Verordnung seien aber schon früh Zweifel laut geworden. Das letzte Wort hat jetzt der BGH. Das Urteil kann gleich am Donnerstag oder erst zu einem späteren Termin verkündet werden.
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