Die Verhandlungen zwischen der Bundesregierung und der EU-Kommission über milliardenschwere Finanzhilfen für die Bahn sind auf der Zielgeraden.
Es seien wesentliche Fortschritte erzielt worden, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Regierungskreisen. Angestrebt werde eine «Branchenlösung» – von der nicht nur die Deutsche Bahn, sondern auch die Wettbewerber profitieren sollen.
Dabei stehe eine Senkung von Trassenpreisen etwa im Schienengüterverkehr im Zentrum, hieß es. Bei der geplanten Eigenkapitalerhöhung des Bundes für die Deutsche Bahn soll es im Gegenzug keine Wettbewerbsauflagen für den bundeseigenen Konzern mehr geben.
Angestrebt wird eine «Bausteinlösung» im Umfang von rund fünf Milliarden Euro, wie es in den Regierungskreisen hieß. Diese solle sowohl die Branche insgesamt als auch die Deutsche Bahn in den Blick nehmen. Eine Sprecherin der EU-Kommission in Brüssel sagte auf Anfrage, die Kommission stehe in der Angelegenheit in Kontakt mit der Bundesregierung. Man könne das Ergebnis von Gesprächen nicht vorwegnehmen.
Die Corona-Krise hatte schwere Folgen auch für die Deutsche Bahn. Der Konzern hatte wegen eines Einbruchs bei den Fahrgastzahlen im vergangenen Jahr mit 5,7 Milliarden Euro unterm Strich den größten Verlust seiner Geschichte eingefahren. Die Bahn spielt eine große Rolle in den Bemühungen der Bundesregierung für mehr Klimaschutz.
Der Bund hatte milliardenschwere Hilfen angekündigt – diesen muss aber die EU-Kommission zustimmen. Sie muss sicherstellen, dass Wettbewerber durch die Hilfen nicht benachteiligt werden.
Anders als lange diskutiert, soll es nun keine Wettbewerbsauflagen geben für die Deutsche Bahn im Gegenzug für Hilfen – etwa eine Trennung von Unternehmensteilen oder einen Zugang von Wettbewerbern zum Buchungsportal. Nach Angaben aus den Kreisen einigten sich die Bundesregierung und Brüssel nach langen Verhandlungen auf einen Weg, der Hilfen ohne Auflagen möglich macht.
Konkret soll der Bund den coronabedingten Dividendenausfall bei der Bahn für das Jahr 2020 in Höhe von geplanten 650 Millionen Euro und gegebenenfalls auch für das Jahr 2021 mit Haushaltsmitteln kompensieren, wie es hieß. Das Geld aus der Dividende soll nach der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung zwischen Bund und Bahn unmittelbar wieder in den Erhalt des Schienennetzes fließen.
Zur Stärkung des Schienengüterverkehrs sollen Trassenpreise gesenkt werden – dies soll auch Bahn-Wettbewerbern zugute kommen. Konkret soll der Fördersatz bei den Trassenpreisen rückwirkend von März 2020 und dann bis Ende 2021 deutlich angehoben werden, wie es hieß. Im Schienengüterverkehr ist der Wettbewerb deutlich größer als im Fernverkehr.
Die Trassenpreissenkungen im Güterverkehr könnten für Bahn-Wettbewerber ein Volumen von insgesamt rund 350 Millionen Euro haben. Auch im Schienenpersonenfernverkehr sollen die Trassenpreise gesenkt werden. Im Fernverkehr gibt es aber kaum Wettbewerb zur Deutschen Bahn.
Die Wettbewerber der Deutschen Bahn bewerten die Einigung positiv. «Die Unterstützung aller Bahnunternehmen durch eine höhere Trassenpreisförderung entspricht unserem Vorschlag von vor einem Jahr und findet unsere volle Zustimmung», teilte Peter Westenberger, Hauptgeschäftsführer des Netzwerks Europäische Eisenbahnen (NEE), mit. Gleichwohl kritisierte Westenberger, dass aufgrund des geringen Wettbewerbs im Fern- und Nahverkehr weiterhin ein Großteil der Trassenpreisförderung der Bahn zugute komme.
Der Interessenverband Allianz pro Schiene bezeichnete die Einigung als wichtigen «Fortschritt vor allem für den Schienengüterverkehr». Nötig sei eine generelle Absenkung der Trassenpreise für alle Verkehrsarten auf der Schiene. Für die Nutzung des Schienennetzes erhebt die DB Netz AG Trassenpreise, eine Art Schienenmaut. Die Bahn-Wettbewerber fordern seit langen, die Trassenpreise deutlich zu senken.
Geplant ist außerdem eine milliardenschwere Eigenkapitalerhöhung des Bundes bei der Deutschen Bahn AG – diese soll vom Volumen her den größten Teil der Hilfen darstellen. Der Bund will damit coronabedingte Ausfälle kompensieren. Es gebe aber noch Details zu klären – etwa über den Schadenszeitraum, hieß es. Die Bahn soll ihrerseits die Hälfte der Schäden ausgleichen.
Der Sprecher für Bahnpolitik der Grünen-Bundestagsfraktion, Matthias Gastel, teilte am Dienstag mit: «Die Bundesregierung war wohl mit der einseitigen Eigenkapitalerhöhung auf dem Holzweg und hat dies jetzt endlich eingesehen.» Und vom FDP-Abgeordneten Torsten Herbst hieß es: «Dass sich auf Druck der EU-Kommission jetzt eine Lösung für die gesamte Schienenverkehrsbranche abzeichnet, wäre ein großer Erfolg.»
Der Vorsitzende der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), Klaus-Dieter Hommel, drang auf eine schnelle Auszahlung der Hilfen: «Die Entscheidungen in Brüssel sind längst überfällig. Die vereinbarten Zahlungen müssen jetzt schnell erfolgen!»
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