Im Corona-Lockdown brachen vielen Geschäften von einem Tag auf den anderen die Einnahmen weg – mussten sie trotzdem weiter die volle Miete zahlen?
Das klären die obersten Zivilrichterinnen und -richter des Bundesgerichtshofs (BGH) am Mittwoch (9.00 Uhr) in einem Musterfall aus Sachsen.
Seit dem Jahreswechsel 2020/21 ist gesetzlich klargestellt, dass gewerbliche Mieter eine Anpassung ihres Mietvertrags verlangen können, wenn sie wegen Corona-Maßnahmen schließen müssen oder ihr Geschäft nur mit starken Einschränkungen öffnen dürfen. Grundlage ist Paragraf 313 im Bürgerlichen Gesetzbuch, in dem die sogenannte Störung der Geschäftsgrundlage geregelt ist. Damit ist gemeint, dass Mieter und Vermieter den Vertrag nie so geschlossen hätten, wenn ihnen klargewesen wäre, was die Zukunft bringt.
Kein automatischer Anspruch
Das bedeutet aber nicht, dass Geschäftsinhaber automatisch Anspruch darauf haben, dass der Vermieter ihnen einen Teil der Miete erlässt. Jeder einzelne Fall muss geprüft werden. Es ist außerdem genauso möglich, dass der Vermieter nur einen Aufschub gewährt, also die fällige Miete stundet, aber nicht auf das Geld verzichtet. Der Handelsverband Deutschland geht deshalb davon aus, dass das BGH-Urteil erhebliche Auswirkungen haben wird.
In dem Fall geht es um eine Filiale des Textil-Discounters Kik im Raum Chemnitz, die von den Geschäftsschließungen in Sachsen von 19. März bis 19. April 2020 betroffen war. Der Vermieter will für die Zeit die volle Miete von rund 7850 Euro. Das Oberlandesgericht Dresden hatte entschieden, dass Kik nur knapp die Hälfte zahlen muss. Es gehe hier nicht um ein «normales» Risiko, «sondern um weitgehende staatliche Eingriffe in das soziale und wirtschaftliche Leben aufgrund einer Pandemie». Das Risiko einer solchen Systemkrise könne nicht einer Vertragspartei allein zugewiesen werden.
Dagegen haben beide Seiten Revision in Karlsruhe eingelegt. Ob es nach der Verhandlung gleich ein Urteil gibt, ist offen. Die Richter können dafür auch einen Extra-Termin ansetzen. (Az. XII ZR 8/21)
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