Erst Leere im Lockdown, dann Ferienchaos im Herbst: Für Passagiere und Mitarbeiter war das erste Betriebsjahr des neuen Hauptstadtflughafens ein Jahr der Extreme.
«Bisher hat es am BER nicht einen einzigen Tag Normalität gegeben, wie wir sie von vor der Pandemie kennen», sagte Flughafenchefin Aletta von Massenbach.
Acht Millionen Fluggäste haben das neue Terminal bislang genutzt – im Jahr 2019 waren es in Berlin mehr als vier mal so viele. Neue Verbindungen sollen im nächsten Jahr mehr Schwung bringen. Ein besserer Anschluss an die Welt, darauf setzen auch die Unternehmen in der Region.
Bauskandal
Nach einem beispiellosen Bauskandal mit vielen Schwierigkeiten war der Flughafen am 31. Oktober 2020 eröffnet worden – neun Jahre später als geplant. Die Wirtschaft sei in der Wartezeit mit angezogener Handbremse gefahren, schilderte Stefan Franzke, Chef der Fördergesellschaft Berlin Partner. Nach der Pandemie müsse es richtig losgehen. Dass Tesla seine Autofabrik für bis zu 12.000 Mitarbeiter in Brandenburg nahe dem BER baut, macht der Region Hoffnung.
Brandenburgs Wirtschaftsförderer Steffen Kammradt erwartet einen Wachstumsschub. «Für ein globales Unternehmen wie Tesla ist ein internationaler Flughafen vor der Haustür mit Direktverbindungen in andere Kontinente ein großes Standortplus.» Davon gibt es aber am BER aber nur wenige. Zu oft müssten Geschäftsleute erst nach Frankfurt oder München fliegen und dort umsteigen, wenn sie nach Berlin wollten, heißt es immer wieder aus der Wirtschaft.
Die meisten BER-Passagiere flogen im ersten Jahr im Billigflieger zum Baden nach Mallorca und Antalya. Direkte Verbindungen in Geschäftszentren außerhalb Europas sind selten. Im nächsten Jahr kommen New York und Washington auf den Flugplan. «Wir hoffen auf weitere Langstreckenverbindungen nach allen Himmelsrichtungen», sagte von Massenbach.
Beim Baubeginn hatten Berlin und Brandenburg bis zu 40.000 neue direkte und indirekte Arbeitsplätze rund um den Flughafen in Aussicht gestellt. Nach Darstellung der Wirtschaftsförderung Brandenburg hat der Flughafen die erhofften Job-Effekte schon vor seiner Eröffnung gebracht. In einem Umkreis von 30 Kilometern seien von 2013 bis 2020 rund 45.000 Arbeitsplätze entstanden.
Ob das immer mit dem Flughafen zusammenhing, lässt sich jedoch schwer sagen. Die Zahl der Erwerbstätigen ist im selben Zeitraum generell kräftig gestiegen, berlinweit nach amtlicher Statistik um knapp 290.000, in Brandenburg um gut 37.000.
«Im ersten Jahr BER sind 70 Airlines zu mehr als 160 Zielen gestartet», sagte von Massenbach. Vor Corona seien es an den Altflughäfen Tegel und Schönefeld 195 Destinationen gewesen. Die Verantwortlichen arbeiten auch noch daran, dem Terminal seine Kinderkrankheiten auszutreiben.
«Es gibt noch das eine oder andere technische Problem, zum Beispiel die defekten Laufbänder», teilte von Massenbach mit. «Wir brauchen auch mehr Sitzgelegenheiten im Terminal.» Die Flughafenchefin sprach von Nachjustierungen, wie es sie auch bei anderen Objekten vergleichbarer Größe gebe, etwa einem neuen Bahnhof oder Einkaufszentrum.
«Auch die Passagierprozesse werden wir weiter verbessern», versicherte sie. In den Herbstferien hatte es chaotische Zustände im Terminal gegeben. Personalengpässe und aufwendigere Check-ins in der Pandemie hatten zu langen Wartezeiten vor den Schaltern am BER geführt. Manche Passagiere verpassten sogar ihre Flüge.
Nun seien Beschilderungen verbessert worden, künftig sollen Fluggäste in Anstellbereichen auch besser über Wartezeiten informiert werden. Passagiere erwarteten einen perfekt funktionierenden Flughafen, sagte von Massenbach. «Die allermeisten Passagiere der letzten 12 Monate haben aber einen BER erlebt, der so gut funktioniert, wie das unter Corona-Bedingungen möglich ist.»
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