Deutsche Banken müssen Steuern in Milliardenhöhe wegen illegaler Aktiengeschäfte nachzahlen. Das zeigt ein Schreiben des Bundesfinanzministeriums an den Finanzausschuss des Deutschen Bundestages, über das der «Bayerische Rundfunk» berichtete. Das Papier liegt der Deutschen Presse-Agentur vor.
Demnach hat die Finanzaufsicht Bafin in den vergangenen Jahren mehrfach bei Banken abgefragt, welche Folgen die Beteiligung an Cum-Cum-Geschäften für die Geldhäuser haben könnten. Wissen wollten die Aufseher, in welcher Höhe Steuernachzahlungen drohen und ob Banken Rückstellungen gebildet haben. Die Bafin erklärte, dass an der Abfrage rund 1500 deutsche Banken und ausgewählte Wertpapierinstitute teilnahmen. Die Auswertung habe ergeben, «dass keine Insolvenzgefahr bei betroffenen Instituten besteht».
Dritte Umfrage, noch höhere Nachzahlungen
In einer ersten Umfrage 2017 habe laut Bafin nur ein kleiner Teil der Banken angegeben, direkt an Cum-Cum-Deals beteiligt gewesen zu sein, heißt es im Schreiben. «Die möglichen finanziellen Belastungen seien auf etwa 610 Mio. Euro taxiert worden; es seien bereits Rückstellungen in Höhe von circa 273 Mio. Euro gebildet worden.»
In der zweiten Bafin-Umfrage von 2020 gaben die Banken dann deutlich größere Werte an: Demnach lag die Höhe der möglichen finanziellen Belastungen bei 960 Millionen Euro, von denen etwa 530 Millionen Euro schon wieder an die Finanzbehörden zurücküberwiesen worden seien.
Nach einer dritten Umfrage beliefen sich die steuerlichen Belastungen aus Cum-Cum-Deals auf gut vier Milliarden Euro. «Davon seien ca. 1,33 Mrd. Euro bereits ausgeglichen und Rückstellungen für mögliche Steuernachzahlungen in Höhe von ca. 0,74 Mrd. Euro gebildet worden.»
Bei Cum-Cum-Deals wurden von ausländischen Anlegern gehaltene Aktien kurz vor dem Dividendenstichtag an inländische Anteilseigner übertragen, etwa Banken. Diese konnten sich die Kapitalertragssteuer anrechnen bzw. erstatten lassen. Danach wurden die Aktien samt Dividende zurückgereicht und die gesparte Steuer geteilt. Anfang 2020 entschied das Finanzgericht Hessen, dass es sich bei Cum-Cum-Deals um missbräuchliche Steuergestaltungen handelt.
Ähnlich wie Cum-Ex, aber größerer Schaden
Cum-Cum-Deals gelten als der große Bruder von Cum-Ex-Geschäften, mit denen Banken den Staat um geschätzt einen zweistelligen Milliardenbetrag prellten. Anders als bei Cum-Ex-Geschäften, bei denen es schon mehrere Urteile gab, etwa gegen den Steueranwalt Hanno Berger, steht die Aufarbeitung von Cum-Cum-Deals noch ganz am Anfang. Zudem ist die Dimension größer: Der Mannheimer Finanzwissenschaftler Christoph Spengel schätzt den Schaden durch Cum-Cum für den Fiskus zwischen 2000 und 2020 auf 28,5 Milliarden Euro.
Gerhard Schick, der den Verein Bürgerbewegung Finanzwende leitet, forderte mehr Tempo bei der Aufarbeitung. Banken dürften nicht mit illegalen Geschäften zu Lasten des Steuerzahlers durchkommen. Die politisch Verantwortlichen in den Ländern müssten «endlich in Steuerfahndung und Staatsanwaltschaften die Weichen dafür stellen, dass diese Milliarden wirklich zurückgeholt werden können.»
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