Verbraucher müssen nach Einschätzung der Bundesregierung auch nach Abschaltung von Atom- und Kohlekraftwerken keinen Blackout fürchten.
Zudem dürften durch den immer breiteren Mix an erneuerbaren Energien und den milliardenschweren Ausbau der Stromnetze in Europa langfristig die Strompreise sinken – zum Vorteil der Verbraucher in Privathaushalten und Industrie.
«Die Energiewende wird insgesamt günstiger und preiswerter für den Verbraucher, wenn sie europäisch ist, weil wir nur in ganz wenigen Ausnahmefällen eine Situation haben, dass nirgendwo der Wind weht und die Sonne scheint und die Wasserkraft nicht verfügbar ist», sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) am Donnerstag bei der offiziellen Eröffnung der Stromleitung «Nordlink» zwischen Deutschland und Norwegen. «Das heißt, wir brauchen weniger Reservekapazitäten, wir brauchen weniger fossile Kapazitäten und das wird sich nicht sofort, aber langfristig in der Entwicklung der Strompreise deutlich bemerkbar machen.»
Die rund zwei Milliarden Euro teure Stromtrasse zwischen dem schleswig-holsteinischen Wilster und dem norwegischen Tonstad verbindet erstmals die Strommärkte beider Länder und gilt als wichtiger Baustein der Energiewende. Sie ermöglicht Norwegen den Zugang zu deutschem Windstrom und im Gegenzug Deutschland den Zugang zu Strom aus den gewaltigen norwegischen Wasserkraftwerken. Damit können sogenannte «Dunkelflauten» besser ausgeglichen werden – Zeiten in denen wetterbedingt weniger Wind- und Sonnenstrom zur Verfügung steht. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach von einem «Meilenstein für die moderne Energieversorgung in Europa – modern, weil wir die europäische Kooperation und die Integration unserer Strommärkte stärken».
Altmaier sagte, mit dem Start von «Nordlink» werde zum ersten Mal der Nachweis erbracht, dass mit Erneuerbaren Energien eine sichere Stromversorgung rund um die Uhr möglich ist. «Die Erneuerbaren schaffen es, das Stromnetz aus eigener Kraft stabil zu halten, das ist etwas, was weltweit Beachtung findet.» Deutschland zähle beim Strom zu den Weltmeistern bei der Versorgungssicherheit. «Wir hatten im letzten Jahr nur im Durchschnitt 13 Minuten Stromausfall, andere Länder haben viele Stunden Stromausfall innerhalb eines Jahres», sagte Altmaier, «obwohl wir Atomkraftwerke abschalten, obwohl wir Kohlekraftwerke abschalten». Schon heute wird in Deutschland mehr Strom aus Wind (2020: 25,6 Prozent) als aus Kohle (24,8 Prozent) gewonnen. Atomkraft kommt nur noch auf 12,1 Prozent.
Beim Ausbau der Stromnetze mahnte Merkel mehr Tempo an. «Nordlink» alleine löse Deutschlands Energie- und Netzprobleme nicht. Norddeutschland müsse besser mit Süddeutschland verbunden werden. Dann erst könne «Nordlink» seine ganze Kraft entfalten. «Daran müssen wir sehr viel schneller arbeiten.» Beim Leitungsausbau «wird man in nächster Zeit noch einmal über Beschleunigungen nachdenken müssen.» Es sei zu überlegen, ob Gerichtsinstanzen eingespart werden können und die Bevölkerung schneller mit einbezogen werden kann. «Hier haben wir noch große Hindernisse zu überwinden», sagte Merkel.
Die Bundesregierung hatte vor kurzem unter dem Druck des Klimaurteils des Bundesverfassungsgerichts ein neues Klimaschutzgesetz mit ehrgeizigeren Zielen auf den Weg gebracht. Danach soll Deutschland 2045 nur noch so viele klimaschädliche Gase ausstoßen, wie wieder gebunden werden können – fünf Jahre früher als geplant. Für die Stromerzeugung heißt das: Noch schneller weg von den fossilen Brennstoffen Kohle und Gas, hin zu «grünem Strom» zum Beispiel aus Sonne, Biomasse und vor allem Wind. Für Altmaier steht damit auch fest, dass der Ausbau der Erneuerbaren Energien noch schneller vorangetrieben werden muss.
«Der Norden ist quasi schon fast autark mit erneuerbarem Strom und im Süden wird er dringend gebraucht», sagte Altmaier. Der Bedarfsplan werde entsprechend angepasst werden müssen. «Für mich ist ganz klar, es wird in der nächsten Wahlperiode (nach der Bundestagswahl im Herbst) eine Novelle geben müssen und dann werden wir dem höheren Bedarf Rechnung tragen.»
Die norwegische Ministerpräsidentin Erna Solberg betonte die Notwendigkeit eines sicheren Zugangs zu Energie. Für das skandinavische Land ist das besonders wichtig, weil dort elektrische Energie fast ausschließlich aus Wasserkraft gewonnen wird. Gleichzeitig müssten ehrgeizige Ziele in der Klimakrise erreicht werden. «Wir müssen dieses global bewältigen über die Ländergrenzen hinweg.»
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