21. November 2024

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Özdemir: «Putin wird nicht entscheiden, wer Brötchen backt»

Die Energiekrise trifft auch die Land- und Ernährungswirtschaft. Über die Systemrelevanz sind sich die Agrarminister einig - und fordern deutliche Signale aus Berlin.

Die Agrarminister von Bund und Ländern haben bei ihrer Herbstkonferenz die Systemrelevanz der Nahrungsmittelwirtschaft und der Landwirte hervorgehoben.

Der Sektor brauche klare Aussagen, was in einer Gasmangellage passiere, sagte der Vorsitzende der Agrarministerkonferenz (AMK) und Sachsen-Anhalts Landwirtschaftsminister Sven Schulze am Freitag in Quedlinburg. «Wann wird welches Unternehmen mit Gas beliefert? Das erwarten die Produzenten, das erwarten die Unternehmen auch», sagte der CDU-Politiker. In einem Fachgespräch mit der Bundesnetzagentur habe man diskutieren und Einschätzungen bekommen können.

Die Bundesnetzagentur habe noch einmal klargestellt, dass die Gasspeicher aktuell verhältnismäßig gefüllt seien, sagte Schulze. Er zeigte sich allerdings nicht mit allen Botschaften zufrieden. Eine Aussage sei gewesen, dass nicht nur das Einsparen von Gas notwendig sei, sondern dass man Hoffnung auf einen milden Winter haben müsse. «Es kann ja nicht sein, dass wir vom Wetterbericht abhängig sind, ob wir gut über den Winter kommen. Das heißt, die Bundesregierung muss hier liefern.»

Lebensmittelhandwerk leidet unter hohen Energiepreisen

Es sei in dem Gespräch mit der Behörde «sehr schön» rausgearbeitet worden, dass die Land- und Ernährungswirtschaft nicht nur systemrelevant, sondern auch geschützter Kunde zur Absicherung der Lebensmittelgrundversorgung sei, sagte Mecklenburg-Vorpommerns Minister Till Backhaus (SPD). Cem Özdemir (Grüne) erklärte zudem, er sei sich mit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) einig, dass auch Betriebe des Lebensmittelhandwerks vom Energiekostendämpfungsprogramm der Bundesregierung profitieren sollen. Dazu gehörten etwa Bäckereien, Fleischereien und Brauereien. «Putin wird nicht drüber entscheiden, wer bei uns Brötchen backt und wer sie nicht backt», sagte der Bundesminister.

In Bezug auf den Umbau der Nutztierhaltung in Deutschland fordern die Agrarminister von der Bundesregierung möglichst schnell ein «verbindliches Gesamtkonzept». Das müsse auch mit der entsprechenden Finanzierung untersetzt sein, sagte AMK-Chef Schulze. Außerdem soll das Konzept demnach unter Mitwirkung der Länder erarbeitet werden.

Signal aus Berlin erwartet

Niedersachsens Agrarministerin Barbara Otte-Kinast forderte ein deutliches Signal der Bundesregierung. «Die tierhaltenden Betriebe benötigen langfristige Verträge, die den Ausgleich der Mehrkosten höherer Tierwohlstandards absichern und ihnen Planungssicherheit über die Investitions- und Abschreibungsphase geben», sagte die CDU-Politikerin.

Viele Parteien sind sich bei den Maßnahmen zum Umbau der Tierhaltung schon lange einig. Die sogenannte Borchert-Kommission, eine wichtige Expertenkommission, hatte bereits 2020 ein Konzept für einen schrittweisen Umbau zu deutlich höheren Standards vorgelegt. Insbesondere die Finanzierungsfragen sind aber noch ungeklärt.

«Wer nein sagt zu dieser Finanzierung, sagt auf Dauer nein zu deutschem Fleisch, sagt auf Dauer nein zur Tierhaltung in Deutschland und sagt damit ja zur Tierhaltung von woanders», sagte Özdemir. Er sei froh über den «Rückenwind», den er aus dem Ministertreffen in der Welterbe-Stadt mitnehme.

Wenige Hundert Meter vom Tagungsort entfernt protestierten zeitgleich Landwirte auf dem Marktplatz. Nach ihrer Sitzung kamen Özdemir und Schulze zur Kundgebung. Özdemir wurde von den Landwirten während seiner Ansprache ausgebuht.