Der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft sieht eine wirtschaftliche «Entflechtung» von Russland als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine in vollem Gange.
Er warnte in Berlin zugleich vor einer «Diskriminierung» deutscher Firmen, die aus unterschiedlichen Gründen noch in Russland aktiv seien. Das betreffe vor allem Branchen, die nicht von westlichen Sanktionen berührt seien, wie Landwirtschaft, Gesundheit und Pharma.
Insgesamt verliere Russland als Wirtschaftspartner «dramatisch» an Bedeutung, sagte die neue Ost-Ausschuss-Vorsitzende Cathrina Claas-Mühlhäuser. Russland sei unter den deutschen Handelspartnern weltweit binnen eines Jahres von Rang 14 auf Rang 36 abgerutscht. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sei der deutsch-russische Handel in den ersten sieben Monaten 2023 um 27 Milliarden Euro auf 8,4 Milliarden Euro gesunken.
Firmen an «vertragliche Verpflichtungen» gebunden
Die große Mehrheit der deutschen Unternehmen habe ihre Geschäfte in Russland weit über die Sanktionsbestimmungen hinaus heruntergefahren oder ziehe sich zurück, obwohl die russische Regierung den Rückzug ausländischer Unternehmen immer mehr erschwere.
Viele Unternehmen seien aber an «vertragliche Verpflichtungen» gebunden und könnten nicht einfach den Markt verlassen, ohne sich und ihre lokalen Mitarbeiter strafbar zu machen, so Claas-Mühlhäuser. Die vollständige Einstellung aller Geschäftsaktivitäten sei auch nicht das Ziel der Sanktionen. Der Ost-Ausschuss sei dafür, Aktivitäten in bewusst nicht sanktionierten Wirtschaftssektoren aufrechtzuerhalten.
Im Kampf gegen Sanktionsumgehungen unterstütze der Ost-Ausschuss den Kurs der EU, zunächst mit diplomatischen Initiativen und Angeboten für die Länder im Südkaukasus und in Zentralasien Schlupflöcher zu schließen. Vorschnelle Verurteilungen» oder pauschale Sanktionen gegen Drittländer seien aber nicht zielführend.
Exporteinbruch nach Russland kompensiert
Claas-Mühlhäuser sagte weiter, es gebe immer «kleinteiligere» Sanktionsvorgaben. Es falle Firmen immer schwerer, sie einzuhalten. Der Ost-Ausschuss forderte eine Aufstockung des Personals beim Zoll und dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle und eine stärkere Konzentration der Sanktionen und deren Kontrolle auf kriegswichtige Güter.
Insgesamt stiegen die deutschen Exporte in Länder aus Osteuropa den Angaben zufolge in den ersten sieben Monaten 2023 um knapp zwei Prozent auf 161 Milliarden Euro. Der starke Einbruch der Exporte nach Russland um fast 40 Prozent habe kompensiert werden können.
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