Ob Otto, Zalando oder H&M, immer mehr Modehändler entdecken ein neues Geschäftsfeld für sich: gebrauchte Kleidung.
Neben den aktuellen Kollektionen bieten sie mit schmeichelnden Bezeichnungen wie «Second Love», «Pre-Owned» oder «Vintage» neuerdings auch gebrauchte Klamotten an von der Markenjeans bis zum Designerkleid.
Das plötzliche Interesse an gebrauchter Ware hat einen guten Grund. Eine aktuelle Studie prognostiziert, dass die die Secondhand-Ware künftig für viele Kunden eine deutlich größere Rolle spielen könnte als bisher. «Der Trend Secondhand-Kleidung zieht immer größere Kreise und hat das Potenzial, in den kommenden zehn Jahren einen Marktanteil von 20 Prozent auf sich zu vereinen», heißt es in der Studie «Fashion 2030 – Sehen, was morgen Mode ist», die die Unternehmensberatung KPMG und das Kölner Handelsforschungsinstitut EHI veröffentlicht haben.
Wesentliche Treiber der Entwicklung seien die größer werdende Nachhaltigkeitsdebatte, die Digitalisierung des Secondhand-Handels und das Engagement der großen Online-Modeplattformen, die diesen Markt für sich entdeckt hätten, fasst die Untersuchung zusammen. Kleidung aus zweiter Hand sei die nachhaltigste Kleidung, da sie gar nicht erst produziert werden müsse. Außerdem sei sie erschwinglich und dank der zunehmenden Verlagerung des Angebots auf Onlineplattformen einfacher zu finden als früher.
Gut ein Drittel der Verbraucher in Deutschland (34 Prozent) kauft der Studie zufolge schon gebrauchte Kleidung. Weitere 28 Prozent können es sich vorstellen. Gab es früher getragene Kleidung vor allem auf Flohmärkten und in Secondhand-Läden, so findet mittlerweile ein immer größerer Teil des Geschäfts im Internet statt. Anfangs waren es vor allem spezialisierte Online-Shops wie Ubup – neuerdings Momox Fashion – oder Kleiderkreisel/Mamakreisel – neuerdings Vinted -, sowie auf Luxus- und Designermode spezialisierte Anbieter wie Rebelle oder Vite EnVogue, aber auch Angebote auf Ebay, die den Online-Markt prägten.
Doch mittlerweile haben große, etablierte Modeketten das Geschäft für sich entdeckt. Der Fashion-Riese Zalando verkauft Gebrauchtes in seinem Online-Shop unter dem Titel «Pre-Owned». Das Angebot umfasst derzeit immerhin gut 40 000 Artikel für Damen und rund 6000 Artikel für Herren. Zalando wolle «zur ersten Anlaufstelle für Mode» werden. «Pre-Owned» (gebraucht) sei dabei eine logische Ergänzung, begründete der Internethändler den Einstieg ins Geschäft mit Gebrauchttextilien.
Auch die Otto-Tochter About You ist kürzlich in das Geschäft mit Gebrauchtmode eingestiegen. Sie verkauft die getragenen Textilien unter dem wohlklingenden Label «Second Love» (zweite Liebe). Das Angebot umfasste nach Unternehmensangaben Ende vergangenen Jahres bereits etwa 250 000 Artikel unterschiedlichster Marken, Stile und Preissegmente. About You bezieht die Gebraucht-Textilien von professionellen Secondhand-Verkäufern wie Vite EnVogue und Mädchenflohmarkt, will aber künftig auch den eigenen Kunden die Möglichkeit bieten, ihre getragenen Teile mit Retouren einzusenden. Zalando-Kunden können schon heute nicht mehr benutzte Textilien dem Internethändler zum Weiterverkauf anbieten.
Der Fast-Fashion-Riese H+M geht einen etwas anderen Weg. Er hat sich die Mehrheit an der schwedischen Secondhand-Online-Plattform Sellpy gesichert. Seit dem vergangenen Jahr gibt es auch einen deutschsprachigen Online-Shop. Er wirbt: «Die beste Art Emissionen zu reduzieren, besteht darin, vorhandene Kleidung und Dinge besser zu nutzen. Daher ist unser Ziel, Second Hand so einfach wie möglich und zugänglich für jeden zu machen.»
Ab Nachschub für all die Secondhand-Angebote sollte es vorläufig nicht mangeln. Nach einer Studie des Wuppertal Instituts in Zusammenarbeit mit Ebay Kleinanzeigen hat die große Mehrheit der Verbraucher in Deutschland noch ungenutzte Produkte zuhause herumliegen. Immerhin 57 Prozent der Befragten gaben an, Kleidung, Schuhe und Accessoires zu besitzen, die sie seit mindestens 12 Monaten nicht mehr getragen hätten.
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