Die Preise für Wohnungen und Häuser in Deutschland sind im dritten Quartal im Rekordtempo gefallen. Wohnimmobilien verbilligten sich nach Daten des Statistischen Bundesamts im Schnitt um 10,2 Prozent zum Vorjahreszeitraum – das stärkste Minus seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 2000.
Damit beschleunigte sich der Preisverfall nach den bereits kräftigen Rückgängen in den ersten beiden Quartalen noch. Sowohl in Städten als auch in ländlichen Regionen sanken die Preise im Schnitt. Dabei verbilligten sich Ein- und Zweifamilienhäuser stärker als Eigentumswohnungen.
Gegenüber dem zweiten Quartal wurden Wohnimmobilien um 1,4 Prozent günstiger, wie die Statistiker in Wiesbaden mitteilten. Mit dem erneuten Minus zeichnet sich für das laufende Gesamtjahr der erste Preisrückgang seit 2010 ab.
In den Metropolen Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt am Main, Stuttgart und Düsseldorf verbilligten sich Ein- und Zweifamilienhäuser im dritten Quartal um 12,7 Prozent, für Wohnungen mussten Käufer im Schnitt 9,1 Prozent weniger zahlen als ein Jahr zuvor. In dünn besiedelten ländlichen Kreisen fielen die Preise für Ein- und Zweifamilienhäuser um 12,4 Prozent, während Eigentumswohnungen im Jahresvergleich 5,6 Prozent günstiger waren.
Hauptgrund für den Preisverfall sind die kräftig gestiegenen Zinsen, die Kredite verteuert haben, sowie hohe Baukosten. Viele Menschen können oder wollen sich die eigenen vier Wände nicht mehr leisten. Das Neugeschäft der Banken mit Immobilienkrediten ist eingebrochen. Bereits seit Mitte 2022, dem Höhepunkt des langen Immobilienbooms, fallen die Preise.
Krise am Bau hält an
Zugleich bleibt die Nachfrage nach Wohnraum groß, nicht zuletzt wegen der hohen Zuwanderung, während der Neubau wegen des Zinsanstiegs und teurer Materialien in die Krise geraten ist. Verbände der Wohn- und Bauwirtschaft erwarten für das Gesamtjahr 2023 noch etwa 245.000 Fertigstellungen – deutlich weniger als im Vorjahr (gut 295.000). Das Ifo-Institut beobachtet eine Welle von Stornierungen bei Bauprojekten.
Laut dem Zentralverband des Deutschen Baugewerbes gab es von Januar bis Oktober 22 Prozent weniger Wohnungsbauaufträge als im Vorjahr. Der Wert der Bestellungen im Bauhauptgewerbe insgesamt sank preisbereinigt um 6,3 Prozent zum Vormonat, wie das Statistische Bundesamt berichtete. Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) ist dennoch optimistisch. Sie erwartet, dass dieses Jahr in der Gesamtabrechnung etwa 270.000 Wohnungen fertig werden und 2024 rund 265.000. Der Wohnungsmarkt werde sich wohl «Ende 2024, Anfang 2025» aufhellen, sagte sie der «Rheinischen Post» (Freitag). Von dem ursprünglichen Ziel von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr sind die Zahlen allerdings weit entfernt.
Experten sehen zudem keine Aussicht auf Besserung. Die Zahl der jährlichen Fertigstellungen könnte bis 2025 auf 200.000 Wohnungen fallen, schätzt die DZ Bank. Zudem gibt es wieder Unsicherheit um die Neubauförderung wegen der Haushaltskrise: Das Bundesbauministerium verkündete unlängst, dass beim Programm für den klimafreundlichen Neubau der Fördertopf leer sei. Neue Anträge könnten erst wieder gestellt werden, sobald der Bundeshaushalt 2024 in Kraft trete. Die Krise am Bau bremst nach Ansicht der DZ Bank den Preisverfall, da Wohnraum weiter knapp ist.
Erster Preisrückgang im Gesamtjahr seit 2010
Mit dem Minus im dritten Quartal zeichnet sich im laufenden Jahr der erste Preisrückgang seit 2010 ab, als der Immobilienboom begann. Besonders betroffen seien Großstädte wie Berlin, Hamburg und München, hieß es in einer am Mittwoch veröffentlichten Analyse des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW).
Die DIW-Berechnungen zeigen, dass der Weg ins Eigenheim für Käufer steinig bleibt. So sind Immobilien trotz der Rückgänge der vergangenen Quartale noch viel teurer als zu Beginn des Booms: Die Preise für Einfamilien- und Reihenhäuser hätten sich zwischen 2010 und 2023 verdoppelt, so die Forscher. Die Mieten legten in dem Zeitraum deutlich weniger zu – um insgesamt 53 Prozent. Derzeit koste eine Eigentumswohnung in Großstädten so viel wie 27 Jahresmieten, im vergangenen Jahr seien es noch 28 Jahresmieten gewesen.
«Bis 2022 gab es eine spekulative Preisblase in Deutschland, eine der größten in den letzten 50 Jahren», sagte DIW-Studienautor Konstantin Kholodilin. «Seitdem fallen die Preise. Die Blase ist geplatzt.»
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