Der Bundesrechnungshof hat den Kurs der Bundesregierung in der Bahnpolitik massiv kritisiert. Es werde versäumt, Wettbewerbshemmnisse in den Eisenbahnmärkten auszuräumen, heißt es in einem Bericht an den Haushaltsausschuss des Bundestags.
Das Ziel, Verkehre von der Straße auf die Schiene zu verlagern, werde verfehlt. Konkret nimmt der Rechnungshof einen Gesetzentwurf des Verkehrsministeriums zur Weiterentwicklung des Eisenbahnregulierungsrechts unter die Lupe.
Der Bericht lag der Deutschen Presse-Agentur vor. Darin heißt es, für den Bund bestünden «gegenläufige Interessenlagen» im Hinblick auf seine Rollen in den Eisenbahnmärkten. Als Gestalter der Marktordnung habe er einen diskriminierungsfreien Wettbewerb sicherzustellen. Demgegenüber sei er als Eigentümer der Deutschen Bahn AG dem Wohl des Unternehmens verpflichtet. Mit dem Gesetzentwurf trage das Verkehrsministerium nichts dazu bei, dieses Spannungsfeld aufzulösen.
Als integrierter Konzern betreibt die Deutsche Bahn das Schienennetz, auf dem gleichzeitig seine Züge in Konkurrenz mit anderen Anbietern fahren. Konkret geht es in dem Bericht des Rechnungshofs zum Beispiel um Kosten, die der DB Netz AG im Zusammenhang mit der Bereitstellung der Schienenwege entstehen, die von den Nutzern der Infrastruktur über Trassenentgelte zu finanzieren sind. Der Gesetzentwurf sehe einen Renditeanspruch der DB Netz AG vor, der keineswegs ihr Risiko als bundeseigene Infrastrukturbetreiberin abbilde.
Der Bund beabsichtige im Zuge seines Klimaprogramms, das Eigenkapital der DB Netz AG zu erhöhen, hieß es. In der Konsequenz werde dies aber aufgrund der Kapitalkostenregelung im Regulierungsgesetz den Schienenverkehr über steigende Trassenentgelte weiter verteuern. Dies wirke nicht nur den Absichten des Bundes entgegen, Verkehre auf die Schiene zu verlagern und die Trassenentgelte zu senken. Es laufe auch der Vorgabe des Gesetzes zuwider, der DB Netz AG Anreize zu setzen, ihre Kosten zu reduzieren.
Der Bundesrechnungshof kritisiert außerdem, Probleme bei überlasteten Schienenwegen würden nicht gelöst. Die DB Netz AG müsse stärker dazu verpflichtet werden, Engpässe zu beseitigen: «Die Zahl baubedingter Kapazitätsengpässe dürfte aufgrund des hohen Sanierungsbedarfs im Schienennetz künftig weiter steigen.» Im Entwurf fehle die dringend benötigte Regelung, dass die Bundesnetzagentur bei Verstößen gegen das Gesetz Geldbußen verhängen könne, wenn etwa die DB Netz AG Wettbewerber diskriminiere.
Laut Bericht wies das Verkehrsministerium die Kritik zurück. Mit dem Gesetzentwurf würden europarechtliche Vorgaben «eins-zu-eins» umgesetzt. Eine geringere Kapitalverzinsung für die DB Netz AG würde zu einem Fehlbetrag bei der Schienenwegefinanzierung führen, der vom Bund zu tragen sei. Die DB Netz AG unterliege erheblichen wirtschaftlichen Risiken, was sich anhand von Umsatzeinbrüchen aufgrund der Corona-Pandemie verdeutlicht habe.
Der Grünen-Verkehrspolitiker Matthias Gastel kommentierte am Donnerstag, der Bericht sei rundum vernichtend. «Es funktioniert einfach nicht, wenn der Tabellenführer der Bundesliga gleichzeitig Schiedsrichter ist.» Das Verkehrsministerium stecke tief im Interessenskonflikt zwischen seiner Rolle als Eigentümer des DB-Konzerns sowie als Gestalter der Marktordnung. Der FDP-Abgeordnete Torsten Herbst kritisierte: «Die Bundesregierung verhindert mehr Auswahl und bessere Angebote für Millionen Bahnkunden. Private Wettbewerber der Deutschen Bahn AG sollen aus dem Markt möglichst herausgehalten werden.»
Auch die Bahn-Wettbewerber bekräftigten ihre Kritik am Gesetzentwurf. Nur eine grundlegende Neugestaltung der Eisenbahnregulierung werde dem politischen Anspruch der Verkehrsverlagerung auf die Schiene gerecht, so das Netzwerk Europäischer Eisenbahnen. Bundestag und Bundesrat müssten entscheiden, ob sie eine echte Verkehrswende unterstützen wollen oder die «großen Beharrungskräfte» in der Eisenbahninfrastruktur.
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