Vier Hosen bestellen, drei zurückschicken – bei online gekaufter Kleidung ist das gängige Praxis. Anders als im Geschäft können Kundinnen und Kunden die Ware schließlich nicht anprobieren. Viele ordern deshalb gleich mehrere Größen und behalten nur die passende. Bezahlen müssen sie für die Retoure in der Regel nichts. Auch andere Produkte lassen sie zurückgehen. Doch bei Modeartikeln ist die Rücksendequote mit durchschnittlich 26 bis 50 Prozent am größten, wie aus einer aktuellen Studie des Handelsforschungsinstituts EHI hervorgeht.
Dafür hat das Institut Online-Händler aus Deutschland, Österreich und der Schweiz befragt. Für sie bedeuten Retouren demnach vor allem Kosten. Für jeden zurückgesendeten Artikel müssen die Händler demnach im Schnitt zwischen fünf und zehn Euro aufwenden. Rücksendungen im Bereich Wohnen und Einrichtung sind mit 10 bis 20 Euro wegen ihrer Größe und des höheren Warenwertes teurer. Größter Kostentreiber ist nach Angaben der Befragten, die retournierten Artikel zu überprüfen und auf ihre Qualität zu kontrollieren.
Maßnahmen zur Vermeidung von Retouren
«Retouren belasten den Online-Handel enorm», sagt Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland (HDE). «Das Handling der zurückgesendeten Waren kostet Geld und Personalressourcen.» Die Unternehmen täten viel dafür, um Retouren zu reduzieren. «Die Händler perfektionieren aus diesem Grund beständig ihre Produktbeschreibungen und Größenangaben», heißt es vom HDE. «Oft wird dabei auch schon künstliche Intelligenz eingesetzt.»
Gebracht hat das bislang wenig. Die Retourenquoten stagnieren. Im Durchschnitt aller Produktgruppen liegt die artikelbezogene Retourenquote der EHI-Studie zufolge zwischen sechs und zehn Prozent und damit auf einem ähnlichen Niveau wie in den vergangenen Jahren. 58 Prozent der Händler geben an, dass die Quote konstant ist, bei 21 Prozent eher gestiegen, bei 15 Prozent eher gesunken. Die Pandemie hat der Studie zufolge keinen wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung genommen.
Das mag auch daran liegen, dass die Händler bislang davor zurückschrecken, die Kosten an die Kundinnen und Kunden weiterzugeben. Wenige Verkäufer überlassen ihnen etwa die Versandkosten für Retouren. Nur 14 Prozent der Online-Händler machen von dieser Möglichkeit laut EHI Gebrauch, um die Zahl der Rücksendungen zu verringern. Fast zwei Drittel übernehmen die Versandkosten. «Ihnen scheint es unumgänglich, diesen Service anzubieten, aufgrund des hohen Wettbewerbes und weil sie davon ausgehen, dass von der Kundschaft ein solcher Service erwartet wird», schreiben die Autoren.
Mehr Rücksendungen zur Weihnachtszeit
Insbesondere im anstehenden Weihnachtsgeschäft wird sich das Versandaufkommen wieder deutlich erhöhen. Die Zusteller arbeiten am Anschlag. Die vielen Retouren erschweren ihr Geschäft aber nicht, betont die Transportbranche. «Die Retouren werden problemlos mit den bestehenden Kapazitäten der Zustellung durch die Paketdienstleister abgewickelt», heißt es vom Bundesverband Paket und Expresslogistik. «Retouren sind zudem insofern unproblematisch für Paketdienstleister, als dass es auf der letzten Meile zu einer Retouren-Konsolidierung kommt und der Empfänger (also der Händler) immer anwesend ist.»
Ähnlich äußerte sich der Marktführer DHL. «Die Kapazitäten für die Retouren werden bei der Transportplanung beziehungsweise Planung des Weihnachtsgeschäfts frühzeitig berücksichtigt», teilt der Konzern auf Anfrage mit.
Was passiert mit der zurückgegebenen Ware?
Nicht alle Rücksendungen werden erneut verkauft. Insbesondere bei Kleidung wird manches Teil, das nicht wieder aufbereitet werden kann, vernichtet. Die Forschungsgruppe Retourenmanagement an der Universität Bamberg kam in einer Untersuchung für 2019 zu dem Schluss, dass knapp vier Prozent der zurückgesendeten Ware entsorgt werde. Die EU-Kommission hat dieser Praxis allerdings nun einen Riegel vorgeschoben.
Größere Händler dürfen unverkaufte Kleidung in der EU künftig nicht mehr vernichten. Unterhändler des Europaparlaments und der EU-Staaten einigten sich in der Nacht zu Dienstag zudem darauf, dass die EU-Kommission das Verbot künftig auf weitere Produkte ausweiten kann, wie die beiden Verhandlungsseiten mitteilten. Für kleine Unternehmen gibt es den Angaben zufolge Ausnahmen, für mittlere Unternehmen eine Übergangsfrist von sechs Jahren. Grundsätzlich soll das Verbot zwei Jahre nach Inkrafttreten der Verordnung angewendet werden.
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