21. November 2024

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Schokolade bleibt für Bauern bitter

Zu Weihnachten boomt der Schokoladenverkauf. Doch für die Kakaobauern ändert sich nichts. Die Kakaopreise sinken, die Armut nimmt zu, Kinderarbeit bleibt. Was bringt der Fairtrade-Handel?

Ob Weihnachtsmann, Schokokranz oder schlicht eine Tafel: Schokolade versüßt vielen Menschen das Weihnachtsfest und ist gerade in der Pandemie für viele ein Trost.

Nach einem kleinen Einbruch zu Beginn der Pandemie stiegen Produktion und Umsatz im vergangenen Jahr wieder. Dagegen bleibt die Realität für die Kakaobauern bitter.

Pro Jahr werden weltweit Schokoladenprodukte für schätzungsweise 122 Milliarden Euro verkauft. Etwa 7,3 Prozent davon bekommen die Bauern und verdienen immer weniger. Im Oktober sank in Westafrika der Kakaopreis um 18,5 Prozent. Um den Lebensunterhalt zu bestreiten, müsste er eigentlich 50 Prozent höher sein.

Die Preise würden weiter sinken und die Armut zunehmen, sagt das «Cacao-Barometer» voraus, der Trendbericht des Verbandes von nichtstaatlichen Organisationen und Gewerkschaften auf dem Kakaomarkt mit Sitz in den Niederlanden. Amsterdam hat den weltweit größten Kakaohafen: Etwa 25 Prozent der Weltproduktion wird hier umgeschlagen.

Kampf gegen Entwaldung und Kinderarbeit

Seit 20 Jahren wird international viel getan, um die Lage der Bauern zu verbessern sowie Entwaldung und Kinderarbeit zu bekämpfen. Es gibt Gütezeichen, Zertifikate, Fairtrade-Produzenten und in mehreren Ländern Kakaoplattformen, die sich für nachhaltige Produktion einsetzen. Mit wenig Erfolg.

«Die herkömmlichen Hilfsprogramme helfen nicht», sagt die Wissenschaftlerin Yuca Waarts von der landwirtschaftlichen Universität Wageningen der Deutschen Presse-Agentur. Sie ist Autorin einer neuen Studie über die Einkommen der Kakaobauern. Mehr als 60 Prozent der gesamten Kakaoproduktion von knapp 5 Millionen Tonnen im Jahr stammt aus den westafrikanischen Ländern Ghana und der Elfenbeinküste. Doch 75 Prozent der Kakaobauern in diesen Ländern verdient kein existenzsicherndes Einkommen. Das heißt: nicht genug für Nahrung, Wohnung, Bildung und Gesundheit.

Viele Bauern haben zu wenig Ertrag

In den vergangen 30 Jahren hat sich die Kakaoproduktion mehr als verdoppelt. Durch Überproduktion, so Waarts, sanken Preis und Einkommen. Doch nur die Preise zu erhöhen bringe nichts, ergab ihre Studie. Die Regierungen der Elfenbeinküste und Ghanas zahlen den Bauern bereits einen Zuschlag zur Einkommenssicherung. Doch das reicht nicht. Selbst wenn man die Preise verdoppelte, würden nur etwa 41 Prozent der Bauern genug verdienen, um zum Beispiel ihre Kinder in die Schule schicken zu können und nicht auf die Kakaofelder. Denn viele Bauern hätten zu kleine Felder und zu wenig Ertrag, sagt Waarts.

Faitrade-Produzenten bezahlen ihren Bauern zwar einen angemessenen Preis. Doch das hilft auch nur denen, die über genug Anbaufläche verfügen. Und der Fairtrade-Anteil am Welthandel ist noch klein. In Deutschland sind es etwa 17 Prozent.

«Die Erhöhung des Marktpreises ist nur ein Teil der Lösung», sagt Waarts. Der Markt müsse reguliert werden. Das Beispiel der Ölproduktion liegt nahe. Also eine Art Kakao-Opec, wo Produktion und Preis reguliert werden. Die Anbauflächen müssten groß genug sein, und es müsse ein soziales Fangnetz geben.

Produktivität der Bauern stärken

Der Amsterdamer Schokoproduzent Tony’s Chocolonely hat sich mit der Botschaft vom fairen Handel und einer sklavenfreien Schokolade bis an die Spitze des niederländischen Marktes katapultiert und ist mit etwa 17 Prozent Marktanteil die Nummer 2. Das Fairtrade-Unternehmen zahlt seinen rund 9000 Bauern zwischen 30 und 40 Prozent mehr als herkömmliche Händler. «72 Prozent unserer Bauern in Ghana sind so aus der Armut gekommen», sagt Belinda Borck vom Unternehmen. Außerdem stellte der Hersteller nach eigenen Angaben nur 3,9 Prozent Kinderarbeit bei den eigenen Bauern fest. Beim herkömmlichen Handel seien es 50 Prozent. Das Unternehmen handelt auch nur mit Kooperativen, die die Produktivität der einzelnen Bauern stärken.

Tony’s will den internationalen Markt umkrempeln und setzt dabei auch auf deutsche Partnerschaften in seiner «offenen Lieferkette». Großhändler wie die Supermarktkette Aldi, das Unternehmen Jokolade oder der niederländische Produzent Delicata und die Supermarktkette Albert Heijn kaufen bereits Bohnen zum fairen Preis.

Bisher rechnet sich das auch für das Amsterdamer Unternehmen. 2020 lag der Umsatz zum ersten Mal deutlich über 100 Millionen Euro, 24 Prozent mehr als im Vorjahr.

Von Annette Birschel, dpa