Erst war es Corona, dann waren es die Ukrainer: Die Zahl der Arbeitslosen ging im Juni in den vergangenen Jahren nicht so zurück, wie das in der langjährigen Beobachtung üblich ist – oder sie stieg sogar an. Auch in diesem Jahr steht in der Juni-Statistik eine Steigerung statt einer satten Reduzierung vor der Sommerflaute zu Buche. Diesmal ist es aber kein Sondereffekt, sondern schlicht die schwache Konjunktur, die dem deutschen Arbeitsmarkt immer mehr die Luft nimmt.
«Die Schwäche am Arbeitsmarkt hält weiter an», sagte die Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur, Andrea Nahles. «Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung nahmen im Juni saisonbereinigt spürbar zu. Die Unternehmen sind weiter zurückhaltend bei der Suche nach neuem Personal», betonte Nahles.
Besonders schwer ist es für Langzeitarbeitslose, einen Job zu finden. Nahles mahnt deshalb, die Mittel für die Jobcenter im Zuge der laufenden Haushaltsberatungen nicht weiter zu kürzen. Es drohe nach ihren Informationen eine Minderung der Haushaltsmittel von insgesamt zehn Milliarden Euro um etwa eine Milliarde Euro, sagte Nahles. Die Eingliederung von Langzeitarbeitslosen sei im Zuge des 2019 in Kraft getretenen Teilhabechancengesetzes gut gelungen – besser als je zuvor.
Dies solle nicht gefährdet werden – auch wenn diese Maßnahmen teuer seien und über mehrere Jahre Mittel bänden. «Es lohnt sich, diese Investitionen zu machen», sagte Nahles. Allein im vergangenen Jahr seien 650 000 Bürgergeld-Empfänger bei der Aufnahme einer Beschäftigung unterstützt worden. Sie hoffe auf die parlamentarischen Beratungen.
Es gibt auch Hoffnungsschimmer
Bei allen Problemen: Es gibt auch Hoffnungsschimmer. «Die konjunkturellen Frühindikatoren zeigen, dass die Stimmung sich mit leichten Schwankungen zunehmend aufhellt und die Konjunktur langsam Fahrt aufnimmt», sagte die Chefvolkswirtin der staatlichen Förderbank KfW, Fritzi Köhler-Geib. «Eine Entlassungswelle, wie sie Konjunkturtäler meist begleitet, ist wegen des Fachkräftemangels ausgeblieben», betonte sie.
Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland ist im Juni im Vergleich zum Vormonat um 4000 auf 2,727 Millionen gestiegen. Im Vergleich zum Vorjahresmonat bedeute dies einen Anstieg um 172.000 Personen, teilte die Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg mit. Die Arbeitslosenquote lag im Juni demnach unverändert zu Mai bei 5,8 Prozent.
Die Zahl der gemeldeten offenen Arbeitsstellen ging weiter zurück. Im Juni lagen der Bundesagentur Meldungen zu 701.000 freien Stellen vor, 69.000 weniger als ein Jahr zuvor. Für ihre Juni-Statistik griff die Bundesagentur auf Daten zurück, die bis zum 13. Juni vorlagen.
In einem Anstieg der Kurzarbeit drückt sich die Konjunkturschwäche allerdings derzeit noch nicht aus. Vom 1. bis 24. Juni stellten Betriebe Anzeigen über Kurzarbeit für 42.000 Personen – etwa das gleiche Niveau wie im Vormonat. Ob die Kurzarbeit auch in Anspruch genommen wird, ist nicht klar. Daten für tatsächlich in Anspruch genommenes Kurzarbeitergeld liegen bis April 2024 vor. In diesem Monat wurde Kurzarbeitergeld für 242.000 Menschen gezahlt, nach 223.000 im März.
Etwas besser in Schwung ist derzeit dagegen der Ausbildungsmarkt. Die Zahl der Bewerber um Lehrstellen liege mit 383.000 um 9000 höher als vor einem Jahr. Von ihnen hatten im Juni noch 154.000 junge Leute weder eine Lehrstelle noch eine Alternative dazu gefunden. Gleichzeitig waren 480.000 Ausbildungsplätze gemeldet worden, 21.000 weniger als vor einem Jahr.
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