18. Dezember 2024

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Schwere Zeiten für Fitnessstudios

Schwere Zeiten für Fitnessstudios

Die Fitnessstudios sind in den meisten Bundesländern weiterhin dicht - alte Mitglieder kündigen, neue bleiben fern. Die Aussichten für die Studios sind unsicher.

Was macht man mit einer Fitnessstudio-Mitgliedschaft, wenn man nicht trainieren gehen darf? Im ersten Lockdown haben viele Studios den Mitgliedern noch die Beiträge erlassen, Gutscheine für spätere Freimonate ausgestellt oder Verzehrgutscheine verteilt.

Manche Anbieter bieten zwar auch weiterhin Kompensationsleistungen an, die meisten können sich solche Aktionen allerdings nicht langfristig leisten. Immer mehr Mitglieder kündigen die Verträge.

Seitdem die Öffnungen immer nur verschoben würden, hätten die Menschen einfach keine Geduld mehr, sagte der Vorsitzende des Deutschen Industrieverbands für Fitness und Gesundheit (DIFG), Ralph Scholz, der Deutschen Presse-Agentur. «Sie stellen sich die Frage: Warum sollen wir für eine Leistung bezahlen, die wir nicht in Anspruch nehmen können?»

Die Kunden sind außerdem oft selbst knapp bei Kasse. Viele Minijobs etwa in der Gastronomie sind weggefallen, andere Menschen sind in Kurzarbeit. In der Folge wird das Geld zusammengehalten und unnötige Verträge werden aufgelöst.

Jahrelang ist die Nachfrage nach Fitnessstudios immer weiter gestiegen. 2019 verzeichneten sie gut 11,6 Millionen Mitglieder. Dann kam Corona. Im vergangenen Jahr hat die Branche dem Arbeitgeberverband für Fitness- und Gesundheitsanlagen DSSV zufolge wegen der langen Schließungen rund 11,6 Prozent ihrer Kunden verloren. Von den 10,3 Millionen Mitgliedern Anfang dieses Jahres büßte sie bis Ende März noch einmal 13 Prozent ein, wie den Angaben zufolge aus einer Befragung von über 2.600 Fitness- und Gesundheitsanlagen hervorging. Zuvor hatten die «Stuttgarter Zeitung» und die «Stuttgarter Nachrichten» (Montag) darüber berichtet.

Dank guter Vorsätze erlebt die Branche normalerweise Anfang des Jahres immer einen Boom – der blieb 2021 wegen des anhaltenden Lockdowns aus. In diesem Jahr wurden bislang kaum Verträge abgeschlossen. Im Sommer gewinnen die Studios traditionell wenig Kunden. Erst ab September erwartet der DIFG, dass die Nachfrage nach Mitgliedschaften wieder merklich steigt.

Problematisch ist für die Studios aber vor allem die Unsicherheit. Ab welcher Inzidenz dürfen sie öffnen und unter welchen Voraussetzungen? Der «föderale Flickenteppich» mache es kaum möglich, den Überblick zu behalten, sagte Benjamin Roth, Co-Gründer des Sport-Flatrate-Anbieters Urban Sports Club. Mehr Klarheit könnte da künftig die Bundes-Notbremse schaffen.

Auch Roth berichtet von sinkenden Mitgliedschaften und ruhenden Verträgen. Allerdings hätten viele Anbieter inzwischen auf Online-Kurse per Livestream oder Video umgestellt – diese würden sehr dankbar angenommen.

Auch kostenlose Videos auf Youtube und Co haben starke Abrufzahlen. Der Online-Trend ist aus Sicht des DSSV allerdings nicht unproblematisch: «Das ist aber bei weitem kein gleichwertiger Ersatz für ein Ausdauer- und/oder Krafttraining im Fitnessstudio», sagte der stellvertretende DSSV-Geschäftsführer Florian Kündgen der dpa.

Ralph Scholz vom DIFG sieht es ähnlich: Es mache nicht wirklich Spaß, den ganzen Tag zuhause zu verbringen und zwischen Fernseher, Computer und Fitnessgerät hin und herzuwechseln. Er sieht darin aber sogar einen Vorteil für die örtlichen Fitness- und Gesundheitsanbieter, wenn sie dann wieder überall öffnen können: Das Thema Fitness hänge sehr viel von der Gewöhnung ab und davon, den inneren Schweinehund zu überwinden. «Dafür musst du auch regelmäßig trainieren. Wenn die Leute jetzt ein halbes Jahr überhaupt nichts getan hätten, wäre es für sie wesentlich schwieriger, wieder zurück ins Fitnessstudio zu kommen.»

Ein zentrales Problem ist nach Ansicht der Verbände aber der Stellenwert von Fitnessstudios und Gesundheit. Florian Kündgen vom DSSV sieht die Politik da in der Pflicht: «Fitnessstudios sollten nicht als Freizeit-Aktivität betrachtet werden, sondern als das was es ist – ein gesundheitsförderndes Training.» Den Verantwortlichen müssten die physischen und psychischen Vorteile des Sports bewusst werden.

Von Jennifer Weese, dpa