Siemens geht nach einem schwierigen, aber erfolgreichen Jahr voller Zuversicht ins nächste. Im Ende September abgelaufenen Geschäftsjahr hatten zwar Sondereffekte auf den Gewinn gedrückt, doch im neuen erwartet der Konzern einen kräftigen Anstieg, wie er am Donnerstag in München mitteilte. Das Kerngeschäft brummt und bei Verkauf oder Abspaltung der Teile, die nicht dazu gehören, plant Siemens beim nächsten Schritt nun sehr viel größer.
Bereits seit einiger Zeit arbeitet Siemens daran, sein Geschäft mit großen Antrieben (LDA) auszugliedern. Am Donnerstag gab Konzernchef Roland Busch nun bekannt, dass die Abspaltung etwa doppelt so groß werden soll. LDA soll dazu mit Niederspannungs- und Getriebemotoren aus dem Bereich Motion Control, der Fertigungstechnik-Tochter Sykatec und dem Spezialgeschäft Weiss Spindeltechnologie zusammengefasst werden.
Insgesamt soll so im Laufe des Geschäftsjahres eine neue Einheit mit rund 3 Milliarden Euro Umsatz und 14.000 Beschäftigten entstehen. «Die neue Firma wird äußerst wettbewerbsfähig sein», zeigte sich Busch überzeugt. Finanzchef Ralf Thomas betonte: «Dass es kein Siemens-Kerngeschäft ist, heißt nicht, dass es kein gutes Geschäft ist.»
Kein Zeitdruck
Angesichts der Vergrößerung erwartet Thomas den Abschluss allerdings wahrscheinlich nicht mehr im laufenden Geschäftsjahr. Das sei aber auch nicht nötig, betonte er. Man stehe nicht unter Zeitdruck. Ob die Abspaltung in einem Verkauf, einem Börsengang oder etwas anderem enden soll, ist laut Thomas noch nicht entschieden. Man halte sich alle Möglichkeiten offen.
Der bei der IG Metall für Siemens zuständige Gewerkschaftssekretär Hagen Reimer merkt zwar an: «Wir sind nach wie vor äußerst skeptisch gegenüber der Ausgliederung an sich.» Wenn sie aber nicht zu verhindern sei, «dann halten wir sie in der jetzt erweiterten Form für die günstigste Perspektive. So ist das künftige Unternehmen am stabilsten und breitesten aufgestellt.»
Grundsätzlich läuft es bei Siemens gut: Das Ergebnis im zentralen industriellen Geschäft lag im abgelaufenen Geschäftsjahr auf Rekordniveau. Dass der Konzerngewinn dennoch unter dem Strich um 34 Prozent auf 4,4 Milliarden Euro sank, lag vor allem an einer bereits im Sommer angefallenen Milliardenabschreibung auf die verbliebenen Anteile am an die Börse gebrachten ehemaligen Energiegeschäft Siemens Energy. Sie hatte dem Konzern das erste Verlustquartal seit mehr als einem Jahrzehnt beschert.
Aber auch der Rückzug aus Russland hatte das Geschäft belastet. Der Umsatz legte dennoch nominal um knapp 16 Prozent auf 72 Milliarden Euro zu. Der Auftragsbestand wuchs auf den Rekordwert von 102 Milliarden.
Anhaltend hohe Nachfrage
Siemens-Chef Busch sprach von einem «extrem herausfordernden Jahr» und einer «hervorragenden Leistung». Siemens habe Marktanteile gewonnen und die hohe Nachfrage nach den Hard- und Softwareangeboten des Konzerns halte an, betonte er.
Im vierten Geschäftsquartal war die Welt bei Siemens mit einem satten Gewinn von 2,9 Milliarden Euro auch schon wieder in Ordnung. Dazu hatte allerdings auch ein deutlicher Gewinn aus dem Verkauf des Post- und Paketgeschäfts beigetragen.
Für das laufende neue Geschäftsjahr erwartet Siemens einen deutlichen Anstieg beim Gewinn. Bereinigt um gewisse Kaufpreiseffekte soll er auf 8,70 bis 9,20 Euro je Aktie steigen. Das wäre ein Anstieg um 59 bis 68 Prozent. Grob gerechnet wären das für den Konzern insgesamt um die 7,2 Milliarden Euro.
Die Aktionäre bekommen vom Gewinnrückgang im vergangenen Jahr nichts zu spüren: Die Dividende soll um 25 Cent auf 4,25 Euro pro Aktie steigen. Die Börse reagierte am Donnerstag ausgesprochen positiv auf die Nachrichten von Siemens: Die Aktie war am Vormittag der mit Abstand größte Gewinner im Leitindex Dax.
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