21. November 2024

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Sinkende Konsumlust – Corona-Sorgen und steigende Preise

Der Privatkonsum hat die deutsche Wirtschaft im Frühjahr in Schwung gebracht. Doch jetzt sinkt die Kauflaune der Menschen. Gute Nachrichten gibt es dagegen vom Arbeitsmarkt und von Top-Konzernen.

Börsenschwergewichte verdienen wieder Milliarden, doch der Privatkonsum als wichtiger Motor der deutschen Konjunktur gerät ins Stottern.

Steigende Preise, neue Corona-Sorgen und nachlassende Konjunkturerwartungen bremsen die Lust auf größere Einkäufe, wie aus der jüngsten Verbraucherumfrage des Nürnberger GfK-Instituts hervorgeht. Am Arbeitsmarkt setzt sich die Erholung dagegen fort.

Der GfK-Konsumklimaindex sank von -0,4 Punkten im August auf -1,2 Punkte im September. Die Euphorie über die anziehende Konjunktur habe abgenommen, hieß es. Hinzu komme, dass die Inflation in Deutschland im Juli auf 3,8 Prozent stieg. Rasant steigende Preise wirkten sich erfahrungsgemäß «dämpfend auf die Konsumlaune aus», sagte GfK-Konsumexperte Rolf Bürkl am Donnerstag. Angesichts der Niedrigzinsen «empfinden die privaten Haushalte die Inflationsraten als noch bedrohlicher für ihre Kaufkraft», auch wenn ein großer Teil ein Einmal-Effekt nach der befristeten Senkung der Mehrwertsteuer 2020 sei.

Beschränkungen wegen Corona befürchtet

Dazu kommen wieder zunehmende Corona-Infektionen und Diskussionen über den Umgang mit Ungeimpften. Das habe die Konsumenten spürbar verunsichert, sagte Bürkl: «Sie befürchten, dass Beschränkungen sogar wieder verschärft werden könnten. Dies drückt derzeit offenbar auf die Konsumstimmung.»

Die Konsumlust der Verbraucher hatte Europas größte Volkswirtschaft im zweiten Quartal aus dem Corona-Tief des Jahresbeginns gezogen. Der Privatkonsum trug wesentlich zum Wachstum der Bruttoinlandsproduktes von 1,6 Prozent gegenüber dem ersten Vierteljahr bei. Die deutsche Industrie klagt hingegen über Lieferengpässe und Materialmangel.

Dem Arbeitsmarkt kann eine drohende vierte Corona-Welle bisher nichts anhaben. Das Arbeitsmarktbarometer des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) stieg im August auf ein Rekordhoch von 107,6 Punkten. «Der Optimismus der Arbeitsagenturen wächst trotz der anrollenden vierten Corona-Welle», sagte Enzo Weber, Leiter des IAB-Forschungsbereichs Prognosen und gesamtwirtschaftliche Analysen. Ausschlaggebend dafür seien die Impffortschritte und der wirtschaftliche Aufschwung. «Entscheidend für die weitere Erholung des Arbeitsmarkts ist, ob die Pandemie ohne neuerliche gravierende Einschränkungen kontrolliert werden kann.»

Rekordquartal für Top-Konzerne

Deutschlands Börsenschwergewichte haben mit einem Rekordquartal die Corona-Krise vorerst abgehakt. Umsätze und Gewinne der Dax-Konzerne lagen in der Summe im zweiten Vierteljahr 2021 nicht nur deutlich über dem Vorjahreszeitraum, sondern so hoch wie nie zuvor seit Beginn der Auswertung im Jahr 2012, wie aus Berechnungen des Beratungs- und Prüfungsunternehmens EY hervorgeht.

«Die Nachfrage übersteigt in vielen Bereichen das Angebot deutlich, so dass sich für einige Unternehmen ein außerordentlich günstiges Preisumfeld ergibt, was zumindest einen Teil der hohen Gewinne erklärt», erläuterte Ahlers, Vorsitzender der EY-Geschäftsführung. Unternehmen haben wegen der starken Nachfrage demnach Spielraum für Preiserhöhungen.

Die operativen Gewinne (Ebit) der 30 deutschen Top-Konzerne stiegen nach einem Verlust von zusammengerechnet einer Milliarde Euro im zweiten Quartal 2020 ein Jahr später in der Summe auf knapp 44,6 Milliarden Euro. Im Vergleich zum Vorkrisenjahr 2019 verbuchten sie ein Plus von 87 Prozent. Der Gesamtumsatz der Dax-Konzerne legte um 29 Prozent auf 369,9 Milliarden Euro zu. Das Vorkrisenniveau übertrafen die Unternehmen den Angaben zufolge um 14 Prozent. Risiken sieht Ahlers in der anhaltenden Pandemie und dem Mangel an Zulieferprodukten und Halbleitern.

Exportaussichten trüben sich ein

Die zuvor sehr gute Stimmung unter den deutschen Exportunternehmen trübte sich im August ein. Der Ifo-Index der Exporterwartungen fiel auf 16,6 Punkte, von 23,1 im Juli und 23,9 im Juni. Einen deutlichen Dämpfer habe die Elektroindustrie verkraften müssen. «Es werden jedoch weiterhin steigende Auslandsumsätze erwartet, wenn auch weniger stark», erläuterte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Die unter Engpässen bei Halbleitern leidende Autoindustrie erwartet dagegen eine größere Dynamik beim Auslandsgeschäft.

Grundsätzlich stuft Fuest die derzeitigen Risiken für die deutsche Wirtschaft geringer ein als noch vor einigen Monaten. «Aus ökonomischer Sicht ist die Lage wegen der schon recht weit fortgeschrittenen Impfungen anders zu beurteilen als noch im Frühjahr dieses Jahres», sagte er dem «Handelsblatt».