In der Diskussion um ein vollständiges Energieembargo gegen Russland werden in Deutschland die warnenden Stimmen immer lauter. Wegen absehbarer Folgen für die Menschen in der Bundesrepublik lehnt auch der Präsident des Sozialverbands Deutschland, Adolf Bauer, ein Embargo ab.
«Das Risiko dramatischer Folgen für unseren Arbeitsmarkt sollten wir nicht eingehen. Wir können erst aus der Energieversorgung von Russland aussteigen, wenn wir ausschließen können, dass es hier zu großen Verwerfungen führt», sagte Bauer der «Neuen Osnabrücker Zeitung».
Angesichts der hohen Inflation warnte Bauer schon jetzt vor dramatischen Folgen für ärmere Menschen in Deutschland durch den Krieg in der Ukraine. «Es sind nicht nur die Energiepreise, die unglaublich steigen, sondern auch die Mieten und die Nahrungsmittelpreise. Wenn das so weitergeht, wird die ärmere Bevölkerung, bei der es gar nicht um Wohlstandsverlust geht, weil sie ohnehin kaum über die Runden kommt, über die Maßen leiden.» Dies könne die Politik nicht dulden.
Wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine hat die EU inzwischen einen Importstopp für russische Kohle beschlossen und weitere beispiellose Sanktionen verhängt. Immer wieder wird auch über einen sofortigen Ausstieg aus russischem Gas oder Öl diskutiert. Davor schrecken Deutschland und andere Länder aber aus Furcht vor wirtschaftlichen Schäden bislang zurück. Arbeitgeber und Gewerkschaften warnten gemeinsam vor den Auswirkungen eines möglichen Lieferstopps für russisches Gas. Nach Modellrechnungen der Bundesbank könnte ein vollständiges Energieembargo die deutsche Wirtschaft dieses Jahr in eine Rezession stürzen.
Könnte ein Embargo Russland nützen?
Der Generalsekretär des Wirtschaftsrats der CDU, Wolfgang Steiger, fürchtet sogar geradezu paradox erscheinende Folgen eines Embargos. «An einseitige Kündigungen von Kohle- und Erdöllieferungen aus längerfristigen, preisgünstigen Verträgen dürfen wir nicht naiv rangehen. Russland dürfte davon sogar profitieren», sagte Steiger den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. «Denn es könnte dann auf dem Weltmarkt für diese frei gewordenen Mengen zum Teil exorbitant höhere Preisen als derzeit erzielen, unsere Energieversorger aber müssten die gestiegenen Weltmarktpreise anderer Lieferanten an die Endverbraucher weiterreichen.»
Es müsse schnell an einem ganzheitlichen Konzept für die Versorgungssicherheit in Deutschland und Europa gearbeitet werden, sagte Steiger. «Dazu gehört vor allem ein kühler Kopf. Symbolpolitik braucht niemand.» Es sei unklar, welche finanziellen Folgen ein Embargo für Russland hätte. «Im schlechtesten Fall kommt es lediglich zur Verschiebung der Mengen auf dem Weltmarkt.»
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