Wer aus Dublin gen Westen fährt, nimmt ihn schnell wahr – den Geruch von kokelndem Torf. Es ist ein eigentümlicher, fast magischer Duft, der über den Midlands und den Küstenregionen liegt: erdig, moosig, ein bisschen süß und schwer wie alte Eichen. «Und natürlich ist es auch besonders heimelig, wenn im Kamin ein paar Barren Torf glimmen», sagt Joe Mulligan, dessen Familie seit Generationen auf einer Insel im County Mayo mit Torf heizt.
Dass Torf eine sehr schlechte CO2-Bilanz hat, möchte niemand denken, wenn draußen ein Sturm über den Atlantik heranzieht und es drinnen «heimelig» ist.
«Meine Eltern haben noch per Hand gestochen, mit einem sogenannten «sleán»», erzählt Mulligan. Der zweiseitige, irische Spaten hat mittlerweile in vielen Fällen ausgedient, und kleine Bagger mit speziellen Schaufeln übernehmen heute die Arbeit. Sie legen den Torf zum Trocknen hin, bevor er zu Pyramiden gestapelt auf den Abtransport wartet.
«Aber es ist nach wie vor hart, an das Material zu kommen, man macht sich auf jeden Fall die Hände schmutzig. So unkompliziert wie mit Öl oder Gas ist das eben nicht», sagt Mulligan – aber ähnlich schädlich.
Zehntausende irische Haushalte heizen noch mit Torf
Deshalb muss Irland trotz der europaweiten Energiekrise in diesem Winter auf seine traditionelle Heizmethode verzichten: Torf darf nur noch in Ausnahmefällen in den Ofen. Dabei sind immer noch 70.000 Haushalte in Irland laut Volkszählung aus dem Jahr 2022 auf die getrockneten Moor-Barren angewiesen. Für viele hat Torf auch eine nostalgische Note – der Verzicht ist aber für Klimaschützer und die Politik eine dringende Notwendigkeit.
Denn Moore, aus denen die Blöcke zum Heizen herausgestochen werden, spielen eine Schlüsselrolle in der Klimakrise: Zwar bedecken sie nur drei Prozent der weltweiten Landfläche, aber sie nehmen mindestens zwei Mal so viel CO2 aus der Luft wie alle Wälder auf diesem Globus zusammen.
Tristram Whyte vom Irish Peatland Conversation Council erklärt: «Das Moor speichert den Kohlenstoff unterhalb des Wassers. Da bleibt es für Tausende von Jahren.» So übernehmen Moore einen Teil des Kreislaufs, der hilft, das Klima und die Temperaturen zu regulieren.
Moore speichern viel CO2 – oder geben es frei
Irlands Hochmoore sind mehr als 10.000 Jahre alt, sie sind eines der ältesten naturnahen Ökosysteme Europas. Unter dem Schutz der EU-Habitatrichtlinie leben und wachsen hier viele seltene und gefährdete Tier- und Pflanzenarten. Künstlich entwässerte Moore – damit sie genutzt, also abgebaut werden können – geben jährlich 1,25 Megatonnen CO2 in die Atmosphäre ab, weltweit 1,3 Gigatonnen CO2 im Jahr. Das sind ungefähr 5,6 Prozent aller Treibhausgasemissionen.
Irland hat – auch durch die Industrialisierung – bis zu 90 Prozent seiner Feuchtgebiete zerstört. Bis vor kurzem wollte die Politik sich dennoch nicht an den Torf-Ausstieg wagen: Das irische schwarze Gold war auch in der Stromerzeugung ein wichtiger Faktor und lieferte etwa 20 Prozent der Elektrizität.
Doch der Druck auf die Regierung – auch von Seiten der EU-Kommission – wurde über die Jahre zu groß. Heute gibt es kein Torfkraftwerk in Irland mehr, das letzte wird gerade umgebaut und setzt zukünftig auf Biomasse. Renaturierung ist nun Pflicht – und geschieht mit Geldern aus dem EU-Wiederaufbaufonds.
Es wird immer noch Torf exportiert
«Zwar dürfen wir noch für den Privatgebrauch Torf stechen», erklärt Mulligan, «aber der kommerzielle Abbau ist seit Oktober 2022 verboten.» Das Land, das als Grüne Insel bekannt ist, hat den Export von Torf in den vergangenen Jahren bereits drastisch reduziert: von mehr als einer Million Tonnen, die 2016 noch ins Ausland verkauft wurden, auf knapp 400.000 Tonnen – Tendenz sinkend.
Dass überhaupt noch exportiert wird, sorgt für Ärger. Selbst Regierungsmitglieder klagen, dass die Regeln nicht konsequent durchgesetzt würden. «Das wird ohne Regulierung und ohne Aufsicht exportiert», sagte Umwelt- und Klimaminister Eamon Ryan. Pádraic Fogarty vom Irish Wildlife Trust sprach von einer «politisch heißen Kartoffel».
Zukunfstvision: ein klimaneutrales Irland
Würde auch der Privatabbau komplett verboten, gäbe es einen Aufstand, vermutet Mulligan. Für die Menschen gehöre Torf zu ihrem Land wie Guinness und grüne Wiesen. Einem Bericht der Zeitung «Irish Times» zufolge heizen im County Offaly – wo es einige der größten Moore des Landes gibt – mit 27 Prozent die meisten Haushalte noch mit Torf. In Dublin hingegen verbrennen weniger als 200 Haushalte Torf.
Da hilft es der Bevölkerung ein wenig, dass das halbstaatliche Unternehmen Bord na Móna, das 2020 seine Torfgewinnung einstellte, mit gutem Beispiel vorangeht und seine «Brown-to-Green»-Strategie durchzieht, sich zu einem nachhaltigen Unternehmen für Klimalösungen wandelte. Die Vision der Firma heute: ein klimaneutrales Irland bis 2050. Dafür muss aber noch viel passieren.
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