Die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) appelliert vor dem neuen Krisengespräch bei Tuifly an das Management, offen über andere Sparmöglichkeiten als die drohenden Kündigungen zu verhandeln.
Beide Seiten hätten sich jetzt gegenseitig auferlegt, «ohne Denkverbote in die Mediation» zu gehen, sagte der Vorsitzende für Tarifpolitik, Marcel Gröls, der Deutschen Presse-Agentur. Es sei aber noch nicht klar, ob das Reizthema bald entschärft werden könne.
Wegen der Forderung der Piloten nach einem Kündigungsschutz über 2021 hinaus waren die Verhandlungen im Herbst ausgesetzt worden, eine Kurzarbeitsregelung für das Cockpit-Personal lief Ende November aus. An diesem Donnerstag sollen jetzt neue Gespräche folgen. Tuifly hält bisher nicht nur eine Umverteilung des Arbeitsvolumens, sondern auch Kündigungen für nötig – nur so sei der mittelfristige, strukturelle Umbau der Fluggesellschaften im Tui-Konzern möglich.
Die Zukunftsangst sei groß, heißt es auch aus Kreisen der Piloten. Manche Mitglieder anderer Berufsgruppen im Konzern und Betriebsratschef Frank Jakobi hatten dagegen zuletzt verlangt, das Cockpit-Personal müsse selbst größere Beiträge zum Sparkurs leisten: Andere Beschäftigte verzichteten weiter freiwillig auf erhebliche Teile ihres Gehalts.
Die VC argumentiert, es müsse ein faires Angebot auch ohne Androhung von Entlassungen möglich sein. «Dass Tuifly eine grundsätzliche Restrukturierung durchlaufen soll, ist uns bewusst», betonte Gröls. «Natürlich ist es unser Anspruch, diesen Wandel zu begleiten. Unser erklärtes Ziel ist es aber auch, dass das Unternehmen dabei möglichst auf Kündigungen verzichten sollte.» Der wieder aufgenommene Gesprächsfaden stimme die Gewerkschaft zuversichtlich, man setze jetzt hohe Erwartungen in die Vermittlung. «Es ist wichtig, dass beide Seiten noch einmal prüfen, was möglich ist. Die Sachverhalte müssen so aufgearbeitet werden, dass man wieder zueinander kommt.»
Gröls erklärte, die Piloten seien weiter zu einem «Krisenbeitrag» im Gegenzug zu Jobsicherheit bereit. Bisherige Kompromissvorschläge des Managements enthielten nach wie vor eine Kündigungsoption – selbst wenn etwa die Zahl der 39 deutschen Maschinen nur auf 22 statt 17 abgebaut werde. Hingegen meinte er: «Wenn Tui sagen würde, dass niemand ausscheiden muss, bei Bedarf aber ein ausgleichender Betrag für Kollegen angeboten würde, die freiwillig ausscheiden wollen – dann könnte ich mir vorstellen, dass die Kosten gesenkt werden können, ohne betriebsbedingte Kündigungen aussprechen zu müssen.»
Tui-Konzernchef Fritz Joussen will angesichts des Geschäftseinbruchs in der Corona-Krise weltweit rund 8000 Stellen streichen. Dies soll vorwiegend im Ausland geschehen. Aber auch bei Tuifly, in Reisebüros oder in der Verwaltung sind empfindlichen Kürzungen vorgesehen. Betriebsrat Jakobi hatte die Piloten im Interview der dpa ermahnt, sich solidarischer zu zeigen: «So gut wie alle Beschäftigten machen Kurzarbeit – aber eine Gruppe leistet im Augenblick keinen Beitrag.»
Gröls äußerte Verständnis, dass einige Piloten enttäuscht reagierten. «Die Einlassungen von Herrn Jakobi haben uns mehr als überrascht. Zum einen, weil sich der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrates für alle Personale verantwortlich fühlen sollte, auch für die von Kündigung bedrohten Piloten. Zum anderen, weil er es besser wissen müsste: Wir haben bis November einen Krisenbeitrag geleistet und leisten natürlich auch aller Voraussicht nach in Zukunft unseren Beitrag.»
Mitten in den Verhandlungen zum Joberhalt habe man jedoch nicht «Gestaltungsmittel ohne Gegenleistung über den Tisch reichen» können. Dass die VC anstelle der Tui-internen Personalvertretung das Thema an sich gezogen habe, liege zudem daran, dass man in diesem Punkt «mehr Gestaltungsmöglichkeiten als auf der betrieblichen Ebene» habe.
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